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„Das Leben ist gerade wirklich süß“

Rufus Wainwright Unfollow the Rules Promo
(Foto: )

Nach Shakespeare-Sonetten und einer Oper kehrt Rufus Wainwright mit einem skandalös optimistischen Popalbum zum Kerngeschäft zurück.

Rufus, du hast sieben Jahre lang kein Pop-Album mehr gemacht, bis jetzt, mit „Unfollow the Rules“. Wie hat sich die Musikwelt in dieser Zeit verändert?

Rufus Wainwright: Der Pop feiert neuerdings die Außenseiter, Lizzo etwa oder Billie Eilish. Ich finde diese Entwicklung aufregend.

Wie siehst du deine eigene Entwicklung?

Wainwright: Wir Männer haben unsere krasse Phase in unseren Zwanzigern und Dreißigern, danach werden wir ruhiger. Ich werde 47, ich weiß, wovon ich rede. Ich bin seit acht Jahren verheiratet und sogar schon seit 15 Jahren mit Jörn zusammen. Wir sind Eltern einer Neunjährigen, deren Sorgerecht wir uns mit ihrer Mutter, Lorca Cohen, teilen. Das Leben ist gerade wirklich süß. Jetzt muss nur noch Corona überstanden werden und im Herbst ein neuer US-Präsident kommen.

Du Optimist.

Wainwright: Der bin ich wirklich. Ich denke, wir bekommen das alles in den Griff.

Also wird Joe Biden gegen Donald Trump gewinnen?

Wainwright: Wahrscheinlich schon. Ich habe ihn mal getroffen, der Mann ist in Ordnung. Wir brauchen in der jetzigen Phase so einen etwas trockenen Durchschnittspräsidenten, der das Land wieder zur Ruhe bringt. Ich weiß auch nicht, ob man es gerade den ärmeren Amerikanern, von denen viele schwarz sind, vermitteln kann, wenn einer daherkommt und ruft: Hey, lasst uns das System zerstören. Wenn du kaum Geld hast, ist dir die Revolution nicht ganz so wichtig.

Wo hast du Joe Biden kennengelernt?

Wainwright: Im Weißen Haus bei einer LGBTQ-Veranstaltung. Das muss schon gut zehn Jahre her sein. Barack Obama hat eine seiner großartigen und inspirierenden Reden gehalten, als Biden plötzlich mitten unter uns gestanden und alle fröhlich begrüßt hat. Als schwuler Mann, der an einen kalten, abweisenden Vater gewöhnt war, fand ich diese herzliche Vaterfigur sehr rührend.

Was für ein Vater bist du selbst?

Wainwright: Ein sehr netter. Ich lasse unserer Tochter Viva alles durchgehen und bin der lustige Vogel, der die Kleine sehr verwöhnt. Gut, dass Jörn da ist und für gute deutsche Ordnung sorgt. Er bekommt es meist hin, dass sie tut, was er sagt. Bei mir lacht sie nur. Bei der Kindererziehung merkt man, dass Jörn und ich einen sehr unterschiedlichen Familienhintergrund haben. Ich bin ein Scheidungskind, und obwohl meine Schwester Martha und ich bei einer fantastischen und liebevollen Mutter aufgewachsen sind, hat es oft Probleme und Unstimmigkeiten gegeben. Wir konnten größtenteils tun und lassen, was wir wollten. Jörn dagegen ist mit klaren Regeln und Grenzen in einer soliden deutschen Mittelschichtsfamilie aus Hamburg großgeworden. Seine Eltern sind Ende 70 und bis heute glücklich zusammen.

Worauf stand der neunjährige Rufus Wainwright?

Wainwright: Auf Pacman und die Musik von Prince. Als Kind wollte ich so sein wie er. Ansonsten war ich ahnungslos. Die erste Katastrophe, die ich wahrgenommen habe, war Tschernobyl. Ich war zwölf. Die heutigen Kids sind so viel klüger als wir. Viva kennt Trump, hat von #MeToo gehört und findet die Waldbrände in Australien schrecklich. Die Umwelt ist ihr sehr wichtig. Meine Hoffnung ist wirklich, dass die kommende Generation einige der Fehler ausbügeln kann, die meine Generation gemacht hat.

Unfollow the Rules erscheint am 10. Juli.

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