„Die Augenzeugen“: Zwischen München und Bayrischzell wütet der Killer

Thrillerserie und zugleich intimes Drama: „Die Augenzeugen“ mit Nicolette Krebitz und Lucas Gregorowicz im Ersten und in der ARD-Mediathek.
Gerade werden die Freunde Jan und Lukas in einer Waldhütte zum ersten Mal miteinander intim, da kommt auch schon die Katastrophe: Vor der Hütte erschießt ein vorher entführtet Mann seine Entführer eiskalt und entdeckt dann auch die beiden Augenzeugen. Doch bevor er sie erschießen kann, wird er niedergeschlagen. Jan und Lukas fliehen auf ihren Mountainbikes, wissen aber: Der Mörder kennt ihre Gesichter– und sie seins. Die Miniserie „Die Augenzeugen“ – entstanden nach dem norwegischen Original „Øyevitne – Eyewitness“ – steht jetzt in der ARD-Mediathek und wird im Ersten ausgestrahlt.
Gleich mehrere Handlungsstränge sind in dieser Miniserie miteinander verwoben, die denn auch viel mehr ist als nur ein eiskalter Thriller. „Die Augenzeugen“ ist gleichermaßen ein Coming-of-Age-Drama für die Freunde Jan (Philip Günsch) und Lukas (Marven Gabriel Suarez-Brinkert), die sich gerade erst ineinander verlieben und dann auch schon als Augenzeugen eines Dreifachmordes in Lebensgefahr schweben sowie später an der Schule bemobbt werden, weil sie als schwul geoutet wurden. Der unbekannte Killer (Lucas Gregorowicz, „Totenfrau“, „Oderbruch“) sucht zudem schon am Tag nach der Mordnacht nach den beiden Jungs, um sie auszuschalten. Außerdem ist die Serie die Geschichte von Verlust und Trauma, denn die Polizeichefin Helen (Nicolette Krebitz, „Das Licht“, „Die Ermittlung“) in Bayrischzell hat sich aus der Mordkommission Münchnen hierher versetzen lassen.

Der Grund: Ihre drogensüchtige Schwester ist an einer Überdosis gestorben, und sie kümmert sich um ihren Neffen Jan (Philip Günsch), mit dem sie gemeinsam in einem Haus lebt. Jan will ihr seiner Tante in den Folgetagen immer wieder von den Morden – sie bearbeitet den Fall – erzählen, doch dann outet er sich lieber als schwul, als von der traumatisierenden Nacht zu erzählen. Schließlich handelt die Serie noch davon, wie sehr die Polizeit von Korruption zersetzt ist und bald jeder jedem misstraut. Anna-Katharina Maier ist eine erfahrene Regisseurin, sie hat bereits die spannende Dramaserie „Tage, die es nicht gab“ und die Dramedyserie „Damaged Goods“ in Szene gesetzt. Auch „Die Augenzeugen“ ist ein spannender Thriller mit bereits erwähntem Tiefgang. Was kritisiert werden muss, ist der der holprige Schlussspurt der Serie. Eine hanebüchene Autoverfolgungsfahrt und eine Schießerei und viele weitere Elemente im Finale sind zu holprig konzipiert, doch das ist im Vergleich zur Plotentwicklung mit ihren vielen Unbekannten und den daraus resultierenden Twists sowie man absichtlich unscharf gezeichnetem Charakter vernachlässigbar. Die Serie „Die Augenzeugen“ wahrt zum größten Teil die Balance zwischen ihren einzelnen Elementen und präsntiert sich so weitgehend eine funktionierende Einheit.