Die besten Krimis 2021: Empfehlungen für den August
Wer diese Thriller komplett durchliest, ist ganz klar im Vorteil: Die besten Krimis im August 2021 mit David Peace, Max Annas und Oliver Pötzsch.
Die besten Krimis im August 2021 lassen sich unter einem Motto zusammenfassen: Blick zurück nach vorn. Ist die Gegenwart wie ein schlechter Zukunftsthriller, reist man mit Historienkrimis in eine Zeit seiner Wahl, und dabei ist es sogar möglich, aus der Vergangenheit zu lernen. Aber wer führt unsere Liste der besten Krimis im August 2021 an? Ein heißer Anwärter ist ganz sicher Krimipreisträger Max Annas, der nach seiner Ostpolizei-Serie mit „Der Hochsitz“ in die dunklen Ecken der bundesdeutschen Provinz in den 70ern blickt. In die quere könnte Annas allerdings David Peace kommen, der mit „Tokio, neue Stadt“ seine Tokio-Trilogie beendet. Oder steht gar Bestsellerautor Oliver Pötzsch mit „Das Buch des Totengräbers“ ganz oben auf unserer Liste der besten Krimis im August 2021? Mit seiner ungewöhnlichen führt uns Pötzsch in ein Wien auf der Schwelle zur Moderne. Und auch Ralf Langroth hat Chancen auf den Spitzenplatz auf unserer Liste der besten Krimis im August 2021. In „Die Akte Adenauer“ erzählt er von Philipp Gruber – offiziell Leiter des BKA, heimlich Agent der USA –, der den Mord an seinem Vorgänger aufklären soll.
Die besten Krimis im August 2021
4. Ralf Langroth: Die Akte Adenauer
Erinnert sich noch jemand an Bonn? Also jene Erstmal-Hauptstadt, die offiziell immer nur „Regierungssitz“ hieß? Unter die rheinischen Frohnaturen haben sich ab 1949 allerlei Politakteure gemischt, um im Kleinstadtmief die noch junge Republik zu formen: eine Bundestags-Herrenriege mit Nazihintergrund, ein misstrauisches Diplomatisches Corps und subversiv agierende Geheimdienste. Thrillerautor Ralf Langroth nutzt dieses Gemenge für eine neue Serie, die historische Personen und Ereignisse in fiktionale Spionageaction einflicht. Im Jahr 1953 soll Philipp Gerber – offiziell Leiter des BKA, heimlich Agent der USA – den Mord an seinem Vorgänger aufklären. Zusammen mit der Journalistin Eva Herden, die für ein kommunistisches Magazin schreibt, führen ihn die Recherchen zu einer rechten Zelle, die ein Attentat auf einen führenden Politiker verüben will. Da wird auf brüchige Loyalitäten gesetzt, gesundes Misstrauen gehegt und die ein- oder andere ungewöhnliche Allianz eingegangen – selbst von einem gewissen Konrad Adenauer …
rororo, 2021, 400 S., 16 Euro
3. Oliver Pötzsch: Das Buch des Totengräbers
Selbst in Wien graust man sich, wenn Frauen gepfählt werden. Im Mittelalter noch gang und gäbe, hat die Todesmarter auch dort zu Beginn der Neuzeit ausgedient. Jedoch fühlt sich 1893 ein Irrer von einem Almanach über Tötungsarten inspiriert: Er rammt lange Hartholzpfähle in die Doserln von vier Dienstmaderln und schneidet ihnen ihre schönen Happeln von den Hälsen. Inspektor Leopold von Hertzfeldt – grad aus Graz versetzt – eckt mit neuartigen Ermittlungsmethoden an, misstraut der feschen Julia „Lämmchen“ Wolf und freundet sich nach einem Malheur auf dem Zentralfriedhof mit dem schrulligen Totengräber Rothmayer an. Bestsellerautor Oliver Pötzsch führt uns mit seiner ungewöhnlichen Krimiserie in ein Wien auf der Schwelle zur Moderne. Als Zuckerl obendrauf: Die damalige Neugier und zugleich Reserviertheit gegenüber technischen Neuerungen liest sich amüsant als Gleichnis zu heutigen Problemen.
Ullstein, 2021, 448 S., 16,99 Euro
2. David Peace: Tokio, neue Stadt
Jede Zeit hat ihren Sound: Pferdegetrappel, schnaufende Dampfloks, zischende Schnellzüge. Wortvirtuose David Peace stimmt in seinen Romanen viele Töne an: Er charakterisiert damit seine Protagonisten und komponiert rhythmische Szenen. Mit akustischen Leitmotiven führt er durch seine verworrenen Noirs, die zugleich auch gesellschaftliche Langzeitstudien sind. Historische Kriminalfälle dienen dabei als Taktgeber, um Dissonanzen hörbar zu machen. Im letzten Band seiner Tokio-Trilogie begleitet Peace den Nachhall eines Misstons in Japans Nachkriegszeit: 1949 wird der Präsident der Eisenbahngesellschaft zerstückelt auf den Gleisen gefunden. Selbstmord? Er musste kurz vor seinem Tod Massenentlassungen verkünden. Detective Sweeney von der US-Militärpolizei ermittelt im Zuständigkeitsgerangel und knallt sich dabei die Fäuste blutig. 1964 brandet Jubel auf: Die Olympischen Spiele und die neuen Shinkansenzüge setzen Akzente. Bei einer Séance versucht Privatdetektiv Hideki mit Klopfzeichen einen Autor zu kontaktieren, der über den Eisenbahnfall geschrieben hat. 1988 wird es still: Kaiser Hirohito liegt im Sterben. Ex-Agent Reichenbach geht etwas nicht aus dem Ohr und er meint, seine Verfolger schon zu hören …
Liebeskind, 2021, 432 S., 24 Euro
Aus d. Engl. v. Peter Torberg
1. Max Annas: Der Hochsitz
Western Germany, anno ’78: Starfighter gehen am Himmel steil, Bonanzaräder bei den Youngstern. Für Eigentore ist noch Berti Vogts zuständig, und wer die Haare lang trägt, ist entweder pauschal ein Mädchen oder bei der RAF. In einem Kaff an der Grenze zu Luxemburg verbringen die zwei Teenagergören Sanne und Ulrike die Ferien zwischen dem Schweinestall des elterlichen Bauernhofs und ihrem geheimen Rückzugsort, einem Hochsitz am Waldrand. Hanutas mopsen, um an die begehrten WM-Klebebildchen zu kommen, ist genauso aufregend wie der heiße Lehrling mit der Günter-Netzer-Frisur. Von Fußball und Jungs wissen sie noch nicht viel, von Terroristen erst recht nichts. Sie beobachten mehr, als sie verstehen können: jemand ballert im Wald rum, ein dickes Auto, ein Banküberfall, zwei Morde. Für den Polizeiobermeister mit dem Oberlippenbärtchen ist das ein Fall von Grenzgänger-Kriminalität. In Wahrheit: Aktenzeichen XY … ungelöst. Sanne und Ulrike kleben Christian Klar neben Rainer Bonhof ins Sammelalbum. Wer weiß, vielleicht spielt der ja auch mit? Krimipreisträger Max Annas leuchtet in die dunklen Ecken der bundesdeutschen Provinz – und lässt im Zeitkolorit der 1970er Jahre unberechenbare Gewalt aufblitzen, die gekonnt böse das Trugbild einer behüteten Jugend- und Dorfidylle zerlegt.
Rowohlt, 2021, 272 S., 22 Euro