Die besten Krimis 2022: Empfehlungen für den März
Wien, Tel Aviv, Budapest und ein Kaff in Louisiana: Die besten Krimis im März 2022 mit Dror Mishani, James Lee Burke und Jerome P. Schaefer
Der Godfather der coolen Dialoge ist zurück: Mit „Eine Zelle für Clete“ legt James Lee Burke bereits den 18. Band seiner Southern-Noir-Reihe um Dave Robicheaux vor. Aber wird der 85-Jährige damit auch unsere Liste der besten Krimis im März 2022 anführen? Konkurrenz kommt von einem deutlich jüngeren Kollegen, der für „Mein Leben als Serienmörder“ als Handlungsort Wien wählt. Josef Kleindienst hält seinen Protagonisten Konrad zwischen Einbildung und realem Irrsinn gefangen – und dürfte es mit diesem abgedrehten Tripp auf einen der vorderen Plätze auf unserer Liste der besten Krimis im März 2022 schaffen. Längst etabliert ist Oberinspektor Avraham von Dror Mishani: In „Vertrauen“ geht es diesmal gegen den Mossad. Und auf unserer Liste der besten Krimis im März 2022 eben auch gegen einen spektakulären Newcomer: Jerome P. Schaefer hat mit „Der Dschungel von Budapest“ einen grimmigen Ostblock Noir veröffentlicht, der sich als kleines Hardboiled-Juwel entpuppt.
Die besten Krimis im März 2022
6. Doug Johnstone: Eingeäschert
Nach Jims Tod übernehmen seine Frau Dorothy, Tochter Jenny und Enkelin Hannah sein Bestattungsunternehmen mit angeschlossener Detektei in Edinburgh. Durch Leichen im Kühlraum und eine illegale Exhumierung wendet sich mancher Fall – und lässt ein Geheimnis von Jim zu Tage treten. Doug Johnstones düster-komischer Tartan Noir zeigt männliche Gewalt aus weiblicher Sicht und enthüllt, was sich hinter einem vermeintlichen Ehebruch verbirgt.
Polar, 2022, 424 S., 25 Euro
Aus d. Engl. v. Jürgen Bürger
5. Scott Thornley: Der gute Killer
Kann Mord Kunst sein? Detective MacNeice und sein Team finden an mehreren Tatorten seltsam gewandete Leichen, deren Haltung und Position offensichtlich arrangiert sind. Die Inszenierungen erinnern an Tableaus, die als Vorlage für Gemälde oder Fotografien dienen könnten. Der Serientäter markiert sogar die optimalen Betrachtungspunkte für seine Werke. Im zweiten auf deutsch erschienenen Band der kanadischen Polizeiserie ermittelt MacNeice in der Künstlerszene der fiktiven Stadt Dundurn.
Suhrkamp, 2022, 399 S., 16,95 Euro
Aus d. Engl. v. Andrea O’Brien
4. James Lee Burke: Eine Zelle für Clete
Im Southern-Noir sitzen die Hüte tief im Gesicht und die Schießeisen locker im Holster. Von wortkargen Einzelgängern erzählt niemand lebensechter und unterhaltsamer als James Lee Burke. Durch seine Dave-Robicheaux-Reihe ist der mittlerweile 85-jährige Autor längst zum Godfather der coolsten Dialoge geworden, die man in Louisiana zwischen Suff-und-Druff vom Stapel lassen kann. Auch im 18. Band der Langzeitserie nimmt der raubeinige Detective Robicheaux wieder die .45er und somit das Gesetz in seine schwieligen Hände.
Pendragon, 2022, 544 S., 24 Euro
Aus d. Engl. v. Norbert Jakober
Die besten Krimis im März 2022
Top 3
3. Josef Kleindienst: Mein Leben als Serienmörder
Nach einer verstörenden Erfahrung als Serienmörder-Mime will Konrad doch lieber Schriftsteller bleiben – auch wenn ihm gerade das neue Romanmanuskript stibitzt wurde. Als der Film abgedreht ist, feiert er mit Produzent Gerry in einer Bar. Doch das Ende des Abends verliert sich im Blackout: zu viele Wodkas und leichtfertiges Gekokse. Dumm, dass am nächsten Tag unweit der Bar eine tote Prostituierte gefunden wird. Nicht nur Konrad kommt der Verdacht, selbst der Täter zu sein. Fehlt ihm die Distanz zu seiner Rolle? Eine Überwachungskamera hat ihn in der Nähe des Tatorts eingefangen, Polizei und Presse stürzen sich auf ihn. Konrad kann längst nicht mehr Schauspielkommissare von echten unterscheiden. Sein Leben gleicht einem Film, dessen Plot wilde Kapriolen schlägt.
Sonderzahl Verlag, 2022, 184 S., 20 Euro
2. Dror Mishani: Vertrauen
Dror Mishanis raffinierter Politthriller ist ein Plädoyer für Vertrauen und gegen staatliche Kontrolle. Der Autor will durch die Darstellung von Verbrechen und deren Aufklärung die israelische Gesellschaft sowie das Krimigenre ergründen. Seine eleganten Polizeiromane sind dabei zugleich anspruchsvoll wie unterhaltsam. Nebenbei ist Mishani auch Fachmann für die Geschichte der Kriminalliteratur. So bereitet es ihm großen Spaß, durch Namen und Anspielungen auf klassische Autoren sowie literarische Detektive zu verweisen. Am Ende triumphiert dann Avi Avraham auch ganz im Stil von Hercule Poirot: Er greift genüsslich zur Pfeife, spricht seinen französischen Kollegen mit „Mon Ami“ an und teilt ihm süffisant die Lösung mit.
Diogenes, 2022, 352 S., 22 Euro
Aus d. Hebr. v. Markus Lemke
1. Jerome P. Schaefer: Der Dschungel von Budapest
Der Münchner Autor Jerome P. Schaefer setzt in seinem ersten Düsterkrimi zwar auf Gangster-Stereotypen, aber mit diesen lässt man sich nur zu gerne in den wilden Osten der Nachwendezeit versetzen. Dessen beklemmende Tristesse verdichtet Schaefer auf knapp 150 Seiten kenntnisreich wie actionhart zu einem kleinen Hardboiled-Juwel. So schlägt sich der US-amerikanische Detektiv und Amateurboxer Tamás glücklos durch das Dämmerlicht der Satellitenstädte, in denen der Tod hässliche Blutlachen auf den Betonböden verfallener Plattenbauten hinterlässt. Tamás bleibt nur ein einziger Trumpf, doch am Ende schaltet Kommissar Molnár beim Verhör das Mikro ab und streicht die Namen der Toten aus den Akten. Happy End? Natürlich Fehlanzeige – aber das würde diesem wunderbar grimmigen Ostblock-Noir auch die Gulaschwürze nehmen.
Transit, 2021, 144 S., 18 Euro