Original statt Kopie
Mit „Fünf schräge Vögel“ hat Donald E. Westlake die klassischen Gangsterromene der 1970er geprägt und dem Heist-Genre neuen Schwung gegeben.
Wenn es jemanden gab, der aus Gaunergeschichten einen großen Spaß gemacht hat, dann Donald E. Westlake. Neben seinen knallharten Parker-Romanen, die unter dem Pseudonym Richard Stark veröffentlicht wurden, ist er vor allem durch seine John-Archibald-Dortmunder-Serie bekannt. Wie sonst nur Elmore Leonard hat Donald E. Westlake damit nicht nur die klassischen Gangster-Romane der 1970er geprägt, sondern auch dem Heist-Genre neuen Schwung gegeben.
Donald E. Westlake hat den Kniff raus: Ein Meisterdieb, der mit seinen kauzigen Spezialisten-Buddies fast unmöglich erscheinende Einbrüche akribisch plant, mit kreativer Cleverness ausführt und vom Pech verfolgt immer wieder bei Null landet. Da war es nur folgerichtig, dass die Verfilmung des ersten Dortmunder-Bands unter dem Titel „Vier schräge Vögel“ eine erfolgreiche Krimikomödie wurde. Dieses Narrativ hat Spiel, Spaß und Spannung, ist erwiesenermaßen serientauglich und die Geheimformel für bestes Gaunertainment: Gezeigt hat das schon der stilbildene Film „Rififi“ (1955), und wie zuletzt in „Ocean’s 8“ (2018) wird die Formel immer wieder gnadenlos variiert.
Wenn jetzt nach 50 Jahren John Dortmunders Auftakt-Coup erstmals in vollständiger Übersetzung erscheint, kommt man auch hierzulande endlich in den Genuss dieses Klassikers, der ein Highlight des Genres ist und viele Nachahmer inspiriert hat. „Fünf schräge Vögel“ liest sich heute kein bisschen wie aufgewärmte Krimikost, sondern bekommt gerade auch durch die typischen 70er-Jahre Sprüche und seinen Retrocharme die Kirsche aufgesetzt. Früher fanden Männer sich eben noch lässig, wenn sie Frauen als „Honeybun“ bezeichnet und Zigarettenanzünder aus dem Autofenster geworfen haben.
Westlake gelingt dabei die Balance zwischen Krimi-Klamauk und elegantem Schurkenstück: Sein Gespür für Timing treibt die insgesamt sechs Versuche, an einen wertvollen Smaragd zu gelangen, geschickt von einem Spannungshoch zum nächsten. Immer abstruser und gewagter muss Dortmunders Bande sogar in ein Gefängnis einbrechen oder dreist mit dem Helikopter ein Polizeirevier überfallen. Dabei stecken die Diebestouren, die mit liebenswerter Kaltschnäuzigkeit durchgezogen werden, voller unerwarteter Ideen. Westlake hatte merklich Spaß daran, den Leser lange im Unklaren zu lassen, wer zum Schluß wirklich den echten Smaragd in der Hand hält – und bis heute klingt keine Kopie besser als das Original.