Zum Inhalt springen

Ernsthaft?! Acid.Milch&Honig im Interview

Acid.Milch&Honig
Acid.Milch&Honig veröffentlicht sein Debütalbum nach über 20 Jahren. (Foto: Andreas Hornoff)

Mit seinem Ravepunk füttert Acid.Milch&Honig das innere Kind – und ausgerechnet in der alternativen Szene fliegen die Tomaten.

Acid, dein Debütalbum ist das Ergebnis von 20 Jahren Arbeit. Was hat so lange gedauert?

Acid: Ursprünglich war das ja ein Hobby. Ich hab’ gebastelt und ausprobiert. 2006 wollte dann einer 500 Platten kaufen, aber ich hatte noch nicht mal ein Tape fertig. Die Nachfrage war größer als mein Angebot. (lacht) Und dann kamen halt das Leben und seine Schicksalsschläge dazwischen.

Du hattest aber nicht das Bedürfnis, ältere Songs „erwachsener“ zu gestalten?

Acid: Also, ich wollte mit 25 eher ernsthaft sein. Es gibt viele Musiker:innen, die das innere Kind nicht aus sich herauslassen können: tiefe Stimme, harte Gitarrenmucke, ernste Persönlichkeit. Bei mir dominiert heute immer noch der Punk. Ich will gegen das Ernsthafte steuern.

Diese Punk-Attitüde vermischst du mit Pop und Rave. Eine Mischung, die bei deinen ersten Konzerten in der Leipziger Hausbesetzer:innen-Szene sicherlich nicht nur gut angekommen ist.

Acid: Tatsächlich war das ein sehr anspruchsvolles Publikum, das einem auch rückmeldet, wenn mal etwas nicht passt. Ende der Nullerjahre war das 90er-Revival noch in weiter Ferne, dennoch hab’ ich auf einer dieser Besetzungspartys einen Scooter-Song gespielt. Hätten die Leute Tomaten dabeigehabt, wären die wohl auch geflogen. (lacht) Aber mit Humor und einem Grinsen lässt sich sowas dann schon regeln.

Grinsen musste ich, als ich herausgefunden habe, dass dein Künstlername auf ein Wohlstandversprechen des führenden SED-Funktionärs Walter Ulbricht referiert.

Acid: Meinen Ost-Background kann ich sowieso nicht verstecken. Nur ein Logopäde könnte da helfen. Und in meinen Songs steckt natürlich dieser Schwermut der Aufarbeitung. Ich selbst war Kind in der DDR und habe Dinge mitbekommen, die einen bis heute volle Schlagseite treffen und dazu zwingen, eine Therapie zu machen.

Was sind das für Dinge?

Acid: Ich bin sehr früh auf sogenannte Kuren geschickt worden. Da empfehle ich die Seite Verschickungsheime.de. Dort findet man Erfahrungsberichte – wohlgemerkt aus Ost wie West. Und das beantwortet dann ganz viel. Stichwort Umerziehung und schwarze Pädagogik.

Beitrag teilen: