„Verschwiegen“ von Eva Björg Ægisdóttir: Wenn die Treppe knarrt …
Mit „Verschwiegen“ zeigt Eva Björg Ægisdóttir sehr eindringlich, dass in Island eben nicht nur nette Menschen mit lustigen Namen und dicken Pullis leben.
„Verschwiegen“ von Autorin Eva Björg Ægisdóttir ist unser Krimitipp der Woche.
„Marrið í stiganum“ heißt der Debütroman der isländischen Autorin Eva Björg Ægisdóttir im Original. Die deutsche Übersetzung kommt mit dem Einworttitel „Verschwiegen“ auf den Markt. Das Marketing der hiesigen Verlage setzt eben seit Stig Larson auf plakative Schlagworte, um skandinavische Serien-Spannung zu labeln. Dabei würde „Das Knarren der Treppe“ auch hier Gänsehaut-Grusel versprechen.
Aber gut, verschwiegen sind die Kleinstädter im hohen Norden natürlich auch, und hinter so manch einer der bunten Türen verbirgt sich ein mehr oder weniger schlimmes Geheimnis. In der kleinen Hafenstadt Arkranes kennt man sich. Trotzdem geschehen hier tragische Unfälle, Mord und Missbrauch. Für Polizistin Elma heißt es also: Winterjacke an, Reißverschluss ganz nach oben ziehen und die Fellmütze auf. Nach dem Ende einer Beziehung ist sie gerade von Reykjavik in ihre Heimatstadt zurückgekehrt. Als eine zunächst unbekannte Tote am Leuchtturm gefunden wird, versucht Elma zusammen mit ihren neuen Kollegen Saevar und Hördur, die Hintergründe aufzuklären. In Rückblenden zu den Jahren 1989 bis 1992 erfahren wir von den befreundeten Mädchen Elisabeth und Sara, die zu dieser Zeit nicht einmal Teenager sind und sich manche Dinge einfach noch nicht erklären können. Eine von ihnen wird spurlos verschwinden, die andere Jahrzehnte später am Leuchtturm gefunden werden.
Von manch schablonenhaftem Provence-Krimi ist „Verschwiegen“ von Eva Björg Ægisdóttir nicht nur geografisch weit entfernt
Im ersten Band der Krimi-Reihe prägt Eva Björg Ægisdóttir ihren eigenen Stil, der weder durchgeknallte Serientäter noch seelisch labile Ermittler braucht. Elma ist wohltuend geerdet, und auch ihre Kollegen wurden nicht aus der Klischeekiste gezogen. Von manch schablonenhaften Provence-Krimis ist Ægisdóttirs Debüt nicht nur geografisch weit entfernt. In Island ist alltäglicher Horror nicht durch die wenigen Stunden Tageslicht im Winter zu rechtfertigen. Doch wer kann schon über die richten, die ein ungesühntes Verbrechen ein Leben lang begleitet? Für ein kleines Mädchen kann es zum Horror werden, wenn die Treppe knarrt …
Mit „Verschwiegen“ hat es Eva Björg Ægisdóttir auf unsere Liste der besten Krimis im März 2023 geschafft.