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Feridun Zaimoglu: Die Geschichte der Frau

Zaimoglu

Zaimoglu legt kein feministisches Manifest vor – aber einen Anstoß, einen Wachrüttler, eine Aufforderung zum Umdenken.

In Geschichte und Geschichten wimmelt es vor männlichen Hauptfiguren, Frauen sind oft nur schmückendes Beiwerk. Welch lange Tradition diese Tatsache hat, dokumentiert Feridun Zaimoglu in seiner „Geschichte der Frau“. In zehn Kapiteln lässt er mit Moses‘ Frau Zippora, der mythischen Antigone, seiner Romanfigur Leyla aus dem gleichnamigen Buch von 2006 oder der Feministin (und Warhol-Attentäterin) Valerie Solanas Frauen aus dreieinhalb Jahrtausenden zu Wort kommen, deren eigene Erzählungen bis dato ausgebremst wurden. Das liest sich wie eine Stilübung für Fortgeschrittene: Sprachlich passt sich der Autor der jeweiligen Vorlage und Zeit an, was bisweilen zäh ist, und das Ganze würzt er mit typisch Zaimoglu‘schen Wortschöpfungen, was bisweilen irritiert. Schon mal was von „schaugeilen Minivulvaglotzern“ gehört? Man kann dem 54-Jährigen vorwerfen, ein sehr maskuliner, aggressiver Stimmgeber zu sein – und dass sich seine zehn Ich-Erzählerinnen, kaum haben sie eine Stimme erhalten, dann doch wieder mit den sie umgebenden Kerlen auseinandersetzen. Andererseits bewahrt seine Haltung ihn vor onkelhafter Verständnisheuchelei. Ja, Zaimoglu ist ein Mann, er provoziert gerne, er liebt das sprachlich Derbe. Dass „Die Geschichte der Frau“ dies von der ersten bis zur letzten Seite transportiert, hilft, das Buch einzuordnen. Kein feministisches Manifest liegt hier vor. Aber ein Anstoß, ein Wachrüttler, eine Aufforderung zum Umdenken. jul

Feridun Zaimoglu Die Geschichte der Frau

Kiepenheuer & Witsch, 2019, 400 S., 24 Euro

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