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„Ferrari“: Michael Mann rast ins Fenster von Amazon Prime

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Michael Manns Biopic „Ferrari“ über den italienischen Firmenchef Enzo Ferrari startet in Deutschland nicht im Kino, sonder kann auf Amazon Prime gestreamt werden. (Foto: © Eros Hoagland)

Ein wirklicher Verlust fürs Kino: Streaminganbieter Amazon Prime zeigt in Deutschland und Österreich exklusiv Michael Manns Biopic „Ferrari“ über den italienischen Firmenchef und Motorsportenthusiasten Enzo Ferrari.

Eigentlich sollte Michael Manns neuester Spielfilm „Ferrari“ im Kino laufen, doch jetzt startet er gleich auf der Streamingplattform Amazon Prime. Mit diesem Film hat Michael Mann nach seiner HBO-Serie „Luck“ über den Pferderennsport zum zweiten Mal sein Faible für Geschwindigkeit bewiesen.

„Zwei Objekte können niemals im selben Moment den selben Raum einnehmen.“ Als Enzo Ferrari (Adam Driver, „Weißes Rauschen“, „House of Gucci“) seinen fünf Rennfahrern diesen Satz mit auf den Weg gibt, benennt er auch gleich, was der damals schon 59-Jährige Firmenchef verlangt: Im Zweikampf mit den konkurrierenden Fahrern von Maserati vor einer Kurve nie zuerst bremsen und immer die Ideallinie erzwingen. Kurz gesagt: Der Gegener muss Angst vor dem Tod haben und zuerst bremsen. Die einzig von Ferrari akzeptierte Alternative: der Tod beider Fahrer. Es ist das Jahr 1957, ein Schicksalsjahr für die Firma Ferrari genauso wie für den italienischen Motorsport überhaupt. Regisseur Michael Mann („Heat“, „Collateral“) inszeniert das Privatleben des Rennsportenthusiasten im historischen Kontext so sensibel, wie er als Meister der Inszenierung von Action kompromisslos ist. So beginnt der Film damit, wie Enzo Ferrari leise aus dem Bett seiner Geliebten Lina Lardi (Shailene Woodley, „Big Little Lies“, „Catch the Killer“) steigt und in den Tag startet. Mit ihr hat er einen Sohn gezeugt – Piero -, und Enzo soll ihn endlich anerkennen, wie Lina fordert, bevor Piere zur Erstkommunion geht. Gleichzeitig erfährt Enzos Ehefrau und Mitinhaberin der Firma, Laura (Penelope Cruz, „Parallele Mütter“, „L’Immensità – Meine fantastische Mutter“), von der über ein Jahrzehnt dauernden Liaison ihres Gatten sowie seiner Vaterschaft. Sie ist am Boden zerstört, hatte sie doch ein Abkommen mit Enzo getroffen. Er darf sich mit Huren treffen, so oft er will. Er muss aber zu Hause sein, bevor der erste Kaffee auf dem Tisch steht. Im Jahr 1957 droht genau dieses Abkommen zu platzen – in einem Moment der größten Krise der Firma Ferrari, die nicht mal mehr 100 Serienwagen im Jahr herstellt und von Maserati angegriffen wird. Der Zweikampf soll sich bei der Mille Miglia entscheiden, dem wichtigsten Straßenrennen Italiens, bei dem die Boliden mit weit über 200 Stundenkilometer über die Landstraßen rasen und durch die engen Gassen der Städte und Dörfer dröhnen – der Straßenrand voller Menschen. Der Showdown wird zu einer in Mann’scher Perfektion (ein Bolide baut den Unfall ferngesteuert in Originalgeschwindigkeit) gedrehten Katastrophe, die 1957 schwerwiegende Folgen für den Rennsport hatte. Obwohl der Film ein realistisches und durchaus auch kritisches Bild vom Motorsport wie auch von Enzo Ferrari zeichnet, merkt man ihm doch Michael Manns Begeisterung für Geschwindigkeit und Kompromisslosigkeit an. Kein Wunder, dass Regisseur Mann und Hautpdarsteller Adam Driver nach der Vorführung des Films auf dem Filmfestival von Venedig mit Standing Ovations bedacht wurden. Leider kommt die volle Wucht des Films gerade in seinen Actionsszenen nicht im Kino zur Geltung, sondern wird im Home Cinema verschenkt. Da ist es auch kein ein Trost, dass man seit wenigen Tagen die Serie „Tokyo Vice“ in der ARD-Mediathek streamen kann, die unter anderem von Michael Mann produziert wurde und bei deren Pilotfilm er Regie führte.

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