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„Feuer. Israel und der 7. Oktober“ von Ron Leshem

Portraitfoto Ron Leshem, der das Buch „Feuer. Israel und der 7. Oktober“ veröffentlicht
(Foto: Rachel Tine)

Ron Leshem hat mit „Feuer“ ein präzises Protokoll des Massakers der Hamas vom 7. Oktober an der israelischen Bevölkerung geschrieben.

Es ist unglaublich, wie ruhig und gelassen Ron Leshem in „Feuer. Israel und der 7. Oktober“ auch die Gräueltaten im Detail schildert, ohne je auch nur ein Gefühl von Rache zu entwickeln, sondern im Gegenteil immer wieder Empathie für die Bevölkerung der Palästinenser zum Ausdruck bringt.

„Feuer. Israel und der 7. Oktober“ von Ron Leshem ist unsere Buchempfehlung der Woche

Ron Leshem ist seit Jahren international als Schriftsteller („Als wir schön waren“) und Drehbuchautor („Euphoria“, „Kampf um den Halbmond“) bekannt, der sich für den Frieden zwischen Israel und den Palästinensern einsetzt. Der offen schwul lebende Leshem wohnt seit einigen Jahren gemeinsam mit Partner und Tochter in Boston – ganz gezielt. Leshem wollte nicht länger in einem so existenzgefährdeten Land wie Israel leben, mit seiner Familie eine Zukunft in Frieden wählen. Der frühere Geheimdienstoffizier und spätere Journalist (er war Gaza-Korrespondent) wollte sich auch nicht mehr beruflich mit Politik befassen, weshalb er seit vielen Jahren schon als Drehbuchautor und Romancier ins Fiktive wechselte. Leshem war der Produzent der israelischen Serie „Euphoria“ und ist Drehbuchautor der gleichnamigen US-Adaption aus dem Hause HBO.

„Die Wahrheit ist, dass sie von Anfang an wussten, dass es unmöglich ist, die Hamas vollständig zu besiegen, und dass ein Aufschub der Befreiungsversuche heißt, die Geiseln sich selbst zu überlassen. Was für eine verkehrte Welt: Die Demokratie sollte ein moralisches Projekt sein, bei dem der Staat üfr die Bürger existiert, nicht die Bürger für den Staat.“

(Ron Leshem über das Versagen Israels.)

Doch mit dem 7. Oktober war Schluss mit Fiktion, und das Ergebnis liegt nun vor: Mit „Feuer“ hat Leshem nicht nur eine schonungslose Dokumentation des Massakers der Hamas vom 7. Oktober vorgelegt. Er analysiert völlig illusionsfrei auch die von Ministerpräsident Netanjahu zu verantwortenden Konflikte innerhalb der israelischen Bevölkerung, die zur Schwächung der militärischen Verteidigung führten. Er zählt die vielen Fehler des Geheimdienstes und des Militärs auf, die für 24 Stunden zum völligen Zusammenbruch von Israels Fähigkeit führten, sich zu verteidigen.

Leshem benennt im Detail das schwere Trauma, das Israels Bevölkerung mit diesem Überfall erfasst hat: Fast alle Gräueltaten wurden von den Tätern live in den sozialen Medien veröffentlicht. Der gelernte Geheimdienstler zeigt mit Belegen auf, welche technische Ausrüstung aus Russland kam sowie aus dem Iran, der die vollständige Zerstörung Israels auf der Agenda hat und überhaupt nicht erfreut war vom Alleingang der Terrororganisation. Vor allem aber benennt er auch den Antisemitismus der internationalen Linken und analysiert ihn.

„Soll das Land doch abfackeln. Bibi ist groß, es ist sowieso zu klein für ihn.“

(Sara Netanjahu über Israel und ihren Mann Benjamin Netanjahu, den Ministerpräsident Israels.)

Leshem benennt jedes Verbrechen der Hamas sowie der palästinensischen Zivilbevölkerung. Mit Uhrzeit und Positionsangabe wird der Überfall auf militärische Einrichtungen, auf das Musikfestival und gezielt auf linke Kibbuzim in allen brutalen Einzelheiten dokumentiert: die Vergewaltigung, Ermordung und Entführung von Menschen, die in der Vergangenheit für den Frieden in der Region und gegen Ministerpräsident Netanjahu demonstrierten. Auch Leshems Tante Orit Sabirski von der Organisation Women Wage Peace und ihr geschiedener Mann Rafi aus dem linken Kibbuz Be’eri wurden ermordet, ihr Sohn Itai entführt und erschossen. Es ist unglaublich, wie ruhig, gelassen Ron Leshem auch diese Gräueltaten im Detail schildert, ohne je auch nur ein Gefühl von Rache zu entwickeln, sondern im Gegenteil immer wieder Empathie für die Bevölkerung der Palästinenser zum Ausdruck bringt.

„Das Wissen, dass er dort ausgeharrt und auf uns gewartet hatte und wir gescheitert sind, das Wissen, dass sein Land auf ihn verzichtet hat, brach uns das Herz.“

(Ron Leshem über seinen von der Hamas in der Geiselhaft erschossenen Cousin Itai)

Mit „Feuer. Israel und der 7. Oktober“ hat es Ron Leshem auf unsere Liste der besten Bücher im Juni 2024 geschafft.

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