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Jazzrap straight outta Düsseldorf

Die vier Bandmitglieder von Fil der Protagoniost stehen draußen vor einer grünen Hecke

HipHop trifft auf Jazz und Indie. Mit ihrem Debüt bringt die Band Fil der Protagonist eine neue Vielseitigkeit in die Rapszene ihrer Heimatstadt.

Wer an Rap aus Düsseldorf denkt, muss zunächst mal an den üblichen Verdächtigen vorbei: Farid Bang und Kollegah haben sich immer wieder selbst zu musikalischen Aushängeschildern der Stadt erklärt, die Antilopen Gang startete dort ihre Karriere, und Der Plot hat zu einer Zeit, in der das Format noch als cool galt, die Siegesmedaille des YouTube-Battlerap-Turniers VCB in die Rheinmetropole geholt. Was auch immer man von diesen Künstlern halten mag, Düsseldorf ist in puncto Rap kein unbeschriebenes Blatt mehr. Inwiefern sich die vier Herren von Fil der Protagonist sich an ihren Genrekollegen genau orientiert haben, wissen abschließend wohl nur sie selbst. Fest steht jedoch, dass die Szene der Stadt durch sie zumindest stilistisch noch mal ein gutes Stück diverser wird.

Mit der Single „Die Dynamik des freien Falls“ haben Fil der Protagonist schon im letzten Jahr den Startschuss zu den Arbeiten in ihrem Debütalbum gegeben. Kaum mehr als ein Jahr später gibt die Band mit „Weiß wie Pech“ nun erstmals ein längeres musikalisches Statement ab – und erhöht damit die Chancen, auch von einem breiteren Publikum wahrgenommen zu werden.

Das Quartett um Rapper Felix Nitsch verzichtet auf programmierte Beats und setzt auf ein klassisches Liveband-Format. Hinter den Songs steht kein Producer, der sich als Mastermind alleine an Beats abarbeitet, sondern eine Band, die organisch miteinander interagiert. Vor allem deswegen haftet den Stücken ein wenig die Atmosphäre einer Jamsession an – und das im positiven Sinne: Die Songs wirken trotz ihrer in sich geschlossenen Strukturen offen für spontane Improvisationen.

Will man einen USP dieser Band definieren, dann liegt er vermutlich genau dort: Fil der Protagonist sind eben keine reine HipHop-Combo, und das wollen sie vermutlich auch gar nicht nicht sein. Vielmehr hat die Band ihren Sound irgendwo in der Mitte von Jazz, Soul und Indie gefunden und ringt ihren Songs eigenwillige Dramaturgien ab, die mal Elemente des einen und mal des anderen Genres in den Vordergrund stellen. Und, ja: auch HipHop haben die Mitglieder des Quartetts allem Anschein nach in höherer Dosis gepumpt. Das wird nicht zuletzt in dem zum Kopfnicken verleitenden Grove der Songs spürbar.

Bleiben wir beim USP:  Dort wo Figuren wie Kollegah und Gruppen wie die Antilopen Gang jeweils auf ihre Art auf Slogans und einprägsame Hook Lines setzen, legen Fil der Protagonist den Fokus auf Reflexion und Sinnsuche. Zeilen wie „Ich sitze hier mit Bruder Schlaf und Gevatter Tod. Fassungslos,“ sind zwar auch programmatisch zu verstehen, aber dennoch zu subtil, um auf T-Shirts gedruckt oder bei Konzerten mitgegröhlt zu werden. Grübelei ist key, aber auch das zieht einen durchaus mit rein.

Dass die Düsseldorfer mit ihrem Debüt auf den großen Deutschrap-Playlisten bei Spotify und co landen, ist eher unwahrscheinlich. Dafür sind sie sowohl vom Sound als auch von ihren Texten her zu weit entfernt vom gegenwärtigen Clout- und Autotune-Mainstream. Vielmehr qualifizieren sich Fil der Protagonist für eine Spitzenposition in Alternativ-Nische sowie bei Fans des HipHop-orientierten Jazz. Und auch dort steckt viel Potential, und wer weiß, vielleicht gehören sie demnächst zu genau den Künstlern, an denen man nicht mehr so richtig vorbeikommt, wenn man an Rap und Düsseldorf denkt – zu gönnen wäre es ihnen.

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