„First Dawn on Planet B.“ von Norlyz: Interstellare Audiovisionen
Paul David Heckhausen ist ein Freund verrückter Ideen und fantastischer Welten. Beim Komponieren spielen sich ganze Filme in seinem Kopf ab – die ihn sogar mit Elon Musk ins All schicken.
Paul, liest man eure Biografien – du studierter Komponist, Gábor Hartyáni ist Cellist und Philipp Püschel und Lasse Golz sind zwei Jazzmusiker – überrascht der authentische Elektrosound auf „First Dawn on Planet B.“
Paul David Heckhausen: Der Standort Holland hat mich sehr geprägt. Ich habe in Groningen studiert, und da ist elektronische Musik einfach allgegenwärtig. Zur selben Zeit war auch „Berlin Calling“ von Paul Kalkbrenner voll das Ding. Das war mein Eisbrecher – ich hab’ dann auch angefangen, selbst aufzulegen.
Mit Tjard Wobig habt ihr einen Lichtmann im Team. Euch ist das Gesamtpaket der Liveshow schon sehr wichtig, oder?
Heckhausen: Es ist uns ein echtes Anliegen, eine audiovisuelle Welt zu kreieren, in die man sich vollkommen fallen lassen kann: Keine Show, bei der man nur frontal vor der Bühne steht, sondern ein Erlebnis. Aktuell hat die Musik zwar noch Priorität, aber das ist unser Langzeitziel.
Songs wie „Organ Symphony“ rangieren zwischen cineastischen Klanglandschaften und authentischer elektronischer Tanzmusik. Wollt ihr, dass die Leute tanzen oder gebannt lauschen?
Heckhausen: Wir lieben das Spiel mit den Kontrasten. Unsere Shows liegen zwischen Club- und Konzertnacht. Natürlich spielen wir keine Sitzkonzerte, aber wir spielen dann eben beim „Detect Classic Festvial“, wo Symphonieorchester auf DJ trifft, oder im Rahmen einer Clubnacht im Sisyphos in Berlin.
Viele Passagen des Albums erinnern an epische Filmmusik.
Heckhausen: Ja, voll. Komponieren mit Bild fand ich schon immer spannend. Musik arbeitet schließlich genauso mit Dramaturgie wie Film.
Gibt es eine Filmmusik, die dich nachhaltig beeindruckt hat?
Heckhausen: „Inception“ finde ich von der Klangfarbe super. Ansonsten auch die Sachen von Bernard Herrmann. Der hat ganz viel mit Alfred Hitchcock zusammen gearbeitet, beispielsweise bei „Psycho“. Ich hab aber nicht so einen „Meister-Soundtrack“. Dennoch ziehe ich aus visuellen Eindrücken total viel Inspiration für meine Musik: Die letzten Jahre bin ich oft in Lappland gewesen, und diese Lichtspiele im hohen Norden sind schon super flashig und mystisch – daher kommt übrigens auch der Name Norlyz.
Das passt auch zu dem interstellaren Vibe auf eurem Album.
Heckhausen: Ja, mich faszinieren Naturgewalten und fremde, imaginäre Welten. Bei „First Dawn on Planet B.“ hab ich auch immer eine Szene im Kopf: Eine turbulente Landung, ich muss mich erstmal berappeln, und plötzlich tut sich hinter einem Hügel eine neue Landschaft auf, die mich umhaut, auf die ich erstmal klarkommen muss. (lacht) Solche Szenen spielen sich dann oft bei mir ab.
Paul David Heckhausen von Norlyz: „In einem anderen Leben würde ich tatsächlich gerne nochmal Astronaut werden“
2029 will Elon Musk den Mars zum Planet B. machen. Was hältst du davon?
Heckhausen: Ja, das klingt erstmal ziemlich verrückt. Aber wieso nicht? In einem anderen Leben würde ich tatsächlich gerne nochmal Astronaut werden – in diesem Leben wird das wohl nichts mehr. Aber wer weiß, vielleicht können wir ja in 20 Jahren ganz umweltfreundlich und günstig ins All abhauen.
Thema umweltfreundlich: Angesicht der Tatsache, dass das 1,5-Grad-Ziel anscheinend nicht mehr zu erreichen ist, wäre ein Planet B. inzwischen ganz hilfreich, oder?
Heckhausen: Scheinbar kriegen wir’s hier nicht gebacken, ja. Aber im Ernst, das ist auch eine Sache, die bei uns ein Thema ist. Also: Wie schafft man es auch als Künstler:in, als Band, möglichst klimaneutral und dennoch viel unterwegs zu sein, um das Projekt nach vorne zu bringen?