„Fünf Jahre“ auf Arte: Wenn ein Nein nicht genügt
Triggerwarnung: Die tschechische Serie „Fünf Jahre“ verhandelt tief sitzende Rapeculture und Vergewaltigung. Ab sofort in der Arte-Mediathek.
Es ist nicht bloß ein Fehler, bei Rapeculture nur an den unbekannten, barbarischen Mann im dunklen Wald zu denken, es ist ein Freibrief für all die Blicke, beiläufigen Bemerkungen und nicht akzeptierten Neins, die in der Männerwelt alltäglich sind. Dabei geht es um mehr als um plumpen Frauenhass, sondern um tiefes, zuweilen kaum sichtbares misogynes Verhalten, das letztlich Vergewaltigungen und Femiziden den Weg bereitet. Die tschechische Serie Fünf Jahre (ab sofort in der Arte-Mediathek streamen) steigt tief in die männliche Anspruchsmentalität ein, hinterfragt die angeblich schwer zu lesende Einvernehmlichkeit und offenbart dabei erbarmungslos – doch nie relativierend – die Ambivalenzen der Zustimmung.
„Fünf Jahre“: Ab sofort in der Arte-Mediathek
Auf dem Weg zu einem wichtigen Termin bei einem renommierten Verlag trifft die Journalistenschülerin Teresa (Alžběta Malá) auf David (Samuel Toman), einen ehemaligen Mitschüler. Was für David nur eine flüchtige Begegnung ist, legt in Teresa ein tief verdrängtes Trauma frei. Angekommen im Verlag, bricht es aus ihr heraus, und zum ersten Mal spricht Teresa über das, was vor fünf Jahren bei Abschlussparty passiert ist: David hat sie vergewaltigt.
Wie Teresa hat auch David nach der Schule ambitionierte Ziele verfolgt: Er studiert Medizin. Nach einer erfolgreich bestandenen Prüfung geht er mit ein paar Kommiliton:innen und seiner Freundin etwas trinken. Während sein Kommilitone einen sexistischen Spruch nach dem nächsten reißt, greift David ein. In seinem Selbstbild ist er ein Feminist, ein feinfühliger, moderner Mann, und als er auf dem Weg seiner Freundin spontan einen Heiratsantrag macht und sie Ja sagt, scheint sein Lebensweg die traumhaften Erwartungen zu erfüllen. Doch als spät am Abend auf seinem Handy ein Memo eintrudelt, brechen mit einem Mal Realität und Selbstwahrnehmung meilenweit auseinander: Teresa möchte mit David sprechen – darüber, wie er sie vor fünf Jahren vergewaltigt hat.
„Meine Kleidung berechtigt niemanden, mich als Stück Fleisch wahrzunehmen“, sagt eine Kommilitonin von David in der Bar – und das ist der springende Punkt. Fünf Jahre legt mit schonungsloser Sprache die klaffende Schlucht zwischen männlicher und weiblicher Wahrnehmung in Thema Zustimmung frei, verheimlicht dabei nicht, dass diese auch oft bewusst als Ausrede und Legitimierung für übergriffiges Verhalten benutzt wird, und dürfte nicht nur das Selbstbild von David, sondern damit auch stellvertretend von vielen Zuschauern zerstören.
„Wie konnte sich David nur so verstellen?“, fragt sich Teresa. Die Antwort: Musste er gar nicht. Für ihn war es ein One-Night-Stand – für sie eine Vergewaltigung. Nach den ersten drei Folgen lässt sich bereits sagen, dass der tschechische Zehnteiler mit verschiedenen Perspektiven und Zeitlinien nicht nur sehr genau hinschaut, sondern die Opfer bestärkt, ihre Geschichten zu erzählen – oder wie in Teresas Fall niederzuschreiben.