„Hans Zimmer live“: Neues Album und Tour
Hans Zimmer ist der einflussreichste Filmkomponist der letzten Jahrzehnte. Doch live stellt sich die Frage: Wäre er nicht lieber Rockmusiker geworden?
Livealben sind schwierig, Livealben mit Filmmusik umso mehr. Die Stücke haben einen langen Weg hinter sich: vom Studio auf die Leinwand, von der Leinwand auf die Bühne, von der Bühne aufs Album. Hans Zimmer weiß, dass es da mehr braucht als ein bloßes Nachspielen. „Meine Band und ich haben es tatsächlich geschafft, unseren Livesound einzufangen“, sagt er.
Für das Doppelalbum „Hans Zimmer live“ hat er den Produzenten Stephen Lipson angeheuert und ihm gesagt: „Lass es nicht wie ein Livealbum klingen, sondern einfach wie eine großartige Erfahrung.“ Damit ist auch klar, wo für Zimmer der Fokus liegt: weniger auf den Kompositionen selbst, die es schließlich längst zu kaufen gibt, als darauf, was die Musiker:innen daraus machen. „Wir sind eine Rockband“, sagt er stolz. Wer mag, kann die auch bald wieder live erleben: Alle Tourdaten gibt es unten auf dieser Seite.
Auf Tour mit dem besten Gitarristen der Welt
Und tatsächlich weichen die Live-Versionen teilweise erheblich von den Studioaufnahmen ab. Ein mehrminütiges Gitarrensolo hätte ja auch schlecht in den Superman-Blockbuster „Man of Steel“ gepasst. Hier aber legt sich Guthrie Govan mächtig ins Zeug – Zimmer lobt ihn als „den wahrscheinlich besten Gitarristen der Welt“. Auch die „Pirates of the Caribbean Suite“ klingt rockiger als im Film. Seine 20-köpfige Band nennt Zimmer „The Disruptive Collective“, begleitet wurde sie vom Odessa Opera Orchestra und Chor.
Zimmer hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er gern mal Aufgaben delegiert; ein Ansatz, der ihm unter kompositorischen Purist:innen auch Kritik einbringt. Mit Ghostwriting sollte man das allerdings nicht verwechseln. Mit auf der Bühne stand etwa Lisa Gerrard, die sich mit Zimmer den Golden Globe für „Gladiator“ teilt. Ihr wortloser, getragener Gesang ist wohl die zweitlegendärste Stimme auf dem Album – nach Lebo Ms Schrei, der die „Lion King Suite“ eröffnet und sofort die glühend aufgehende Sonne aus dem Disney-Klassiker vor Augen ruft. Übrigens ist die Szene, die im animierten Original von 1994 zu sehen ist, das erste und einzige Take, das Zimmer und M aufgenommen haben.
Am liebsten mag Hans Zimmer „Interstellar“
Es ist eine der kleinen Anekdoten, die Zimmer mit Schmunzeln erzählt – und die daran erinnern, dass er selbst zwar den Fokus auf die Liveperformance legt: Letztlich sind die Filme, aus denen die Stücke ursprünglich stammen, trotzdem immer präsent. Und es ist eine beachtliche Liste. Auch das ist Zimmer natürlich klar: „Nur wenige Menschen könnten ihr Set mit ,Der König der Löwen‘ abschließen und dann als erste Zugabe einen James-Bond-Track spielen.“
Neben den bisher bereits genannten Filmen gibt es Musik aus „Last Samurai“, „Wonder Woman“ und „Dune“. Für den letztgenannten Soundtrack hat Zimmer erst kürzlich einen Oscar gewonnen, die Nachricht erreichte ihn auf Tournee: „Das war ein ziemlich guter Abend“. Und natürlich dürfen die vielen Kollaborationen mit Christopher Nolan nicht fehlen. Der Frage nach einem persönlichen Favoriten weicht Zimmer sonst immer aus. Dieses Mal nicht: „Der Liebling unter allen Soundtracks, die ich geschrieben habe, ist ,Interstellar‘. Oder ich habe ihn noch nicht geschrieben.“
Von „Dark Phoenix“ bis „Inception“
Das Material ist damit noch lange nicht erschöpft. Die ursprüngliche Setlist war fünfeinhalb Stunden lang, aber das wäre wohl selbst den größten Fans nicht zumutbar gewesen. Schließlich hat Zimmer die Stücke nach dem Prinzip „eines für mich, eines für euch“ kuratiert. „Ich habe versucht, Stücke auszusuchen, die die Menschen lieben, aber auch welche, die wir als Band gerne spielen.“ So ist etwa die verhältnismäßig obskure Musik aus dem X-Men-Flop „Dark Phoenix“ im Programm gelandet.
Im Laufe eines mehr als zweistündigen Sets werden Zimmers Markenzeichen besonders deutlich, die zahlreich kopiert wurden: das Anschwellen von Leise nach Laut, die kurzen Motive, die hämmernden Drums. Aber beschwert sich jemand nach einem AC/DC- oder U2-Konzert, dass die Bands einen wiedererkennbaren Sound haben? Und die Fans kennen ohnehin noch die kleinsten Facetten der Musik. Zum Schluss gibt es die letzte Zugabe: „Time“ aus dem Soundtrack zu „Inception“. Schon nach dem ersten sanften Klavierakkord bricht Jubel aus, um direkt danach von andächtiger Stille ersetzt zu werden. Den Applaus am Ende des Stücks haben Zimmer und Lipson geschnitten. Trotzdem ist klar, dass es ihn gegeben hat – und er wird einer Rockshow in nichts nachgestanden haben.
Hans Zimmer live: Jetzt live erleben
- 23. April – Oberhausen, Rudolf Weber-ARENA
- 27. April – Frankfurt, Festhalle Frankfurt
- 29. April – Stuttgart, Hanns-Martin-Schleyer-Halle
- 20. Mai – Hannover, ZAG Arena
- 22. Mai – Zürich, CH, Hallenstadion
- 23. Mai – Zürich, CH, Hallenstadion
- 24. Mai – München, Olympiahalle
- 26. Mai – Berlin, Mercedes-Benz-Arena
- 27. Mai – Berlin, Mercedes-Benz-Arena
- 28. Mai – Hamburg, Barclays Arena
- 3. Juni – Wien, AT, Wiener Stadthalle – Halle D
- 09. Juni – Köln
Tickets gibt es unter hanszimmerlive.com.