„Im Rosengarten“ im Kino: Verlust und Verantwortung
Ein sehr poetischer Film über die Entfremdung migrantischer Menschen in der Fremde: Das einfühlsame Roadmovie-Drama „Im Rosengarten“ des Regisseurs Leis Bagdach mit Kostja Ullmann in der Hauptrolle startet im Kino.
Der HipHop-Star Yak (Künstlername: FTHR) ist komplett ausgebrannt und flieht kurz vor seinem Konzert in Berlin aus dem Backstagebereich. Als er erfährt, dass sein syrischer Vater in Köln im Krankenhaus mit dem Tod ringt, wird Yak mit seiner verdrängten Vergangenheit konfrontiert. Das sensible Roadmovie „Im Rosengarten“ des Regisseurs Leis Bagdach startet in den Kinos.
Leis Bagdach („Die Besucher“, „Fernes Land“) lässt uns in seinem Roadmovie ganz nah ran an den Helden Yak, der entgegen jeglicher identitätspolitischer Ausrichtung, die seit langem angesagt ist, von dem deutschen Schauspieler Kostja Ullmann spielen, und Ullmann, bekannt aus komischen Serienformaten wie „Where’s Wanda?“, und „Call my Agent: Berlin“, aber auch aus ernsten Zusammenhängen wie „Westwall“, ist eine hervorragende Besetzung für den Helden, der seine Karriere als Rapper gleich zu Beginn des Films nachhaltig gegen die Wand fährt. Aber ist es überhaupt eine Karriere? Wie sich später herausstellt, hat ihn sein Manager in der Vergangenheit komplett über den Tisch gezogen. In der weiteren Handlung spielt dies jedoch keine Rolle mehr, vielmehr wird die Handlung von dem Volkslied „Im Rosengarten will ich deiner warten“ geprägt: Yaks syrischer Vater (Husam Chadat, „Eagles of the Republic“, „Die Saat – tödliche Macht“), der seine Frau und den sechsjährigen Yak vor langer Zeit alleine ließ und zurück nach Syrien ging, hat dieses Lied immer gesungen. Als letzte Handlung überträgt er die Verantwortung für seine 15-jährigee Tochter und Yaks Halbschwester Latifa auf seinen hedernden Sohn, der sich absolut fremd fühlt in seiner Heimat. In Berlin nie ganz angekommen, hatte er vor dieser Zeit alle Brücken hinter sich eingerissen und alle Menschen brüsk verletzt, die ihm mal was bedeuteten: Seine Freundin Fee (Verena Altenberger, „Das Leben der Wünsche“, „Kein Tier. So wild“) trägt heute noch an dem, was Yak ihr mit seiner Trennung antat, ähnlich sein bester Freund Art (Tom Lass, „Sisi & ich“), der ihn dennoch ausgrechnet an Heilgabend bei sich im Kölner Hinterland aufnimmt – wohl aber eher deshalb, weil Yak seine Halbschwester Latifa (Safinaz Sattar, „Sløborn“, „Danke für nichs“), „Unorthodox“) bei sich hat. Yak möchte Latifa so schnell wie möglich wieder loswerden. Vollkommen auf sich und seine Schmerzen der Entfremdung konzentriert, stößt er sie immer wieder von sich, doch Latifa lässt sich nicht abwimmeln. Und so fahren die beiden Halbgeschwister vor und nach Weihnachten durch Deutschland, erfahren Fremdheit in Yaks Familie mütterlicherseits – seine Oma Elisabeth (Ursula Werner, „Zwei zu Eins“, „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“) und er sind, seit Yaks Mutter (Elisabeths Tochter) Selbstmord beging, einander fremd. Außerhalb der Famlie aber dominieren Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bis hin zur Gewalt, die einzige vorbehaltlose und liebevolle Aufnahme erfahren die beiden in einer Flüchtlingsunterkunft mit syrischen Geflüchteten. „Im Rosengarten“ ist trotz dieser politischen Themen, die er verhandelt, in erster Linie ein klassisches Roadmovie, in dem der Held auf seiner Reise reifen soll. Dass der Film voller Flashbacks mit traumatisierenden Erinnerungsfetzen ist, die Yak zusetzen, ist hier der eine Pol, der andere wird durch Latifa verkörpert: Yak muss Verantwortung übernehmen: Etwas, das er in seinem Leben noch nie getan hat. Regisseur Leis Bagdach konnte für „Im Rosengarten“ ein hochkarätiges Ensemble zusammenstellen, was manchmal auch dazu führt, dass etwas Petra Schmidt-Schaller („Ein Schritt zum Abgrund“, „Die Toten von Marnow“) als Yaks tote Mutter in den Momenten der Erinnerung schauspielerisch kaum gefordert ist. Dennoch: Die Besetzung bis in den Nebenrollen zeigt, welche Bedeutung diesem Film – zu Recht – beigemessen wird.
