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Interview mit Lukas Dhont zu seinem Film „Close“: Das Ende der Unschuld

Close neue im kino Interview mit Regisseur Luksa Dhont
Der Film „Close“ startet in den Kinos. kulturnews sprach mit dem Regisseur Lukas Dhont (Foto: Pandora Film)

Der Coming-of-Age Film „Close“ kommt in die Kinos. kulturnews sprach mit Regisseur Lukas Dhont über die Zerstörungskraft von Maskulinität.

Lukas Dhont Regisseur des Films „Close“
Lukas Dhont Regisseur des Films „Close“ Foto: Foto: Mayli Sterkendries

Im Film „Close“ erzählt Lukas Dhont von der Freundschaft zweier 13-jähriger Jungen – mit einer Intensität, die den größten Liebesdramen der Filmgeschichte in Nichts nachsteht. „Close“ startet jetzt in den Kinos.

Lukas, mit „Close“ porträtierst du die intensive und auch sehr körperliche Freundschaft zweier 13-jähriger Jungen – für die es in unserer Gesellschaft mit ihren Normen keinen Raum gibt …
Lukas Dhont: So gut wie nie sehen wir auf der Leinwand die Körperlichkeit und Intimität innerhalb der Freundschaft von zwei Jungen. Wenn, dann steht diese Nähe in einem Kontext mit Sexualität. Mich haben die Forschungen der US-amerikanischen Psychologin Niobe Way inspiriert: Mit ihren Interviews zeigt sie, dass 13-Jährige sehr wohl eine verletzliche Sprache haben. Wenn sie von ihrem besten Freund erzählen, klingt das wie eine Liebesgeschichte. Erst mit der Pubertät verändert sich das.

Es ist unsere Definition von Maskulinität, die diese Verbindungen zerstört.
Lukas Dhont: Männlich ist, wer unabhängig, konkurrenzbetont und emotional stoisch ist. Es sind diese Erwartungen, die Angst und oft auch Schamgefühle verursachen. Wir stoßen Menschen von uns, von denen wir uns eigentlich ganz und gar nicht distanzieren wollen. Natürlich hinterfragen und dekonstruieren wir diese Zuschreibungen längst – nur sind die meiner Meinung nach so festgefahren, dass es ein sehr langwieriger Prozess ist.

War es auch für dich selbst schwierig, die Verbindung von Léo und Rémi unabhängig von ihrer Sexualität zu betrachten?
Lukas Dhont: Auch ich bin ein Produkt dieser Gesellschaft und habe lange mit der Perspektive gerungen, dass ich über die Sexualität von Léo und Rémy nichts wissen muss, um diesen Film zu machen. Ich kenne diese Angst vor Intimität mit anderen Jungen aus meiner eigenen Kindheit. Erst jetzt habe ich gelernt, dass sie rein gar nichts mit meiner Queerness zu tun gehabt hat.

Gerade weil der Film einen universellen Verlust thematisiert – ist es da nicht besonders nervig, wenn „Close“ wie auch schon dein Debüt „Girl“ vermutlich sehr häufig als queerer Film kategorisiert werden wird?
Lukas Dhont: Ich bin da zwiegespalten. Identität, Männlichkeit und das Bedürfnis, zu einer Gruppe dazuzugehören, sind natürlich queere Themen, und ich bin auch sehr stolz auf diese Zuschreibung. Andererseits möchte ich diese Kategorisierung überwinden, da dieser Stempel vielen Zuschauer:innen womöglich suggeriert, mein Film habe mit ihrem Leben nichts zu tun.

Interview: Carsten Schrader

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