Janna Steenfatt: Die Überflüssigkeit der Dinge
Janna Steenfatt präsentiert in ihrem Debütroman eine Antiheldin, die wegen ihrer Antriebslosigkeit nur schwer zu ertragen ist – und von der man dank ihres wunderbar spröden Humors doch nicht genug bekommen kann.
Früher hatte Ina geglaubt, dass es sich irgendwie schon ergeben würde – vielleicht keine Familie, aber ein Mensch an ihrer Seite, die Altbauwohnung und ein Beruf, der zu ihrem Germanistikstudium passt. Doch mit Ende 20 hat sie die Erwartungen heruntergeschraubt: „Ich hatte eigentlich schon lange nichts mehr gewollt, außer ein Auskommen zu haben, wie man so sagte, genug Schlaf und etwas Sex und Gin Tonic, das musste auch mal reichen im Leben, dachte ich, zumindest die nächsten paar Jahre.“
Ina weiß nur zu genau, dass ihr Mitbewohner Falk in sie verliebt ist. Zwar will sie nicht mit ihm schlafen, doch nimmt sie seinen Beistand dankend an, als sie sich mit dem Tod ihrer Mutter konfrontiert sieht. Plötzlich sind da die Erinnerungen an die ständigen Umzüge, an eine Mutter, die immer mehr trinkt, um die ausbleibenden Theaterengagements zu kompensieren – um vor allem ist da Inas Vater, der berühmte Regisseur Wolf Eschenbach, dessen Namen ihr die Mutter lange Zeit nicht nennen wollte und den Ina nie getroffen hat.
Als sie hört, dass Eschenbach demnächst nach Hamburg kommen soll, um am Schauspielhaus den „Sommernachtstraum“ von Shakespeare zu inszenieren, nimmt sie einen Küchenjob in der Kantine des Theaters an und verliebt sich zum ersten Mal – ausgerechnet in die Schauspielerin Paula, die in dem Stück für die Rolle des Puck vorgesehen ist …
Janna Steenfatt hat am Leipziger Literaturinstitut studiert, sie war Stipendiatin des Klagenfurter Literaturkurses, und mit ihrem Debütroman präsentiert die 37-jährige Autorin nun eine Ich-Erzählerin, die wegen ihrer Antriebslosigkeit nur schwer zu ertragen ist – und von der man dank ihres wunderbar spröden Humors doch nicht genug bekommen kann. Hier spricht eine Antiheldin, die den Schmerz runterspielt und ihr Leid vor allem in Auslassungen und Anspielungen preisgibt. Wer bitteschön will Ina nicht in den Arm nehmen – oder ihr zumindest einen tröstenden Gin Tonic reichen? cs
Janna Steenfatt Die Überflüssigkeit der Dinge
Hoffmann und Campe, 2020, 240 S., 22 Euro