„Jede Sekunde“ von Nicolas Mathieu

„Jede Sekunde“ von Nicolas Mathieu ist nichts anderes als das vehemente Verlangen nach einer anderen Moderne, in der die Empfindung wichtiger ist als das E-Meeting.
„Jede Sekunde“ von Nicolas Mathieu ist unsere Buchempfehlung der Woche.
Was hilft noch gegen „diese Millionen Stunden voller Zwänge, im Büro, am Strand oder hinterm Steuer“, in denen wir „dieses Tagwerk vollbringen, dieses Chaos aus Gier, panischer Angst und Zahlen, das uns als Zivilisation gilt“, dieser „große Maschinerie zur Steigerung des Reichtums?“ Der französische Prix-Goncourt-Gewinner Nicola Mathieu weiß es: Nur ein emotionaler und sexueller Urzustand hilft als Ausflucht aus der unermesslichen Trostlosigkeit und Fremdbestimmtheit der Welt.
Sinnlich und atemlos beschreibt er in seiner Autofiktion eine leidenschaftliche Affäre zwischen zwei Verheirateten, die im Tagwerk des Familienlebens gefangen sind. Hier gelten keine strengen Zeitpläne, Geschäftsreisen oder kranke Kinder. Erfüllung liegt hier im Moment, dem Geräusch nackter Füße auf dem Parkettboden, herumliegenden Zigaretten, dem Arsch der Frau und der totalen Sehnsucht. „Jede Sekunde“ ist der flammende Appell, jede Sekunde des Lebens zu nutzen, und nichts anders als das vehemente Verlangen nach einer anderen Moderne, in der die Empfindung wichtiger ist als das E-Meeting.
Mit „Jede Sekunde“ hat es Nicolas Mathieu auf unsere Liste der besten Bücher im Mai 2025 geschafft.