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Karin Kalisa: Radio Activity

Cover Kalisa

Wie in ihrem erfolgreichen Debüt „Sungs Laden“ lauern auch im neuen Roman von Karin Kalisa unter der märchenhaften Oberfläche die Abgründe.

In ihrem überaus erfolgreichen Debüt entwarf Karin Kalisa eine Utopie für den Prenzlauer Berg, doch klangen unter der märchenhaften Oberfläche von „Sungs Laden“ auch sehr schwere Themen an: die intergenerationell weitergegebenen Traumata des Vietnamkriegs und das tragische Schicksal vietnamesischer Vertragsarbeiter. Auch der zweite Roman der 54-jährigen Autorin setzt leichtfüßig ein und feiert zunächst einmal das gute, alte Radio: Drei Hörfunkenthusiast*innen bewerben sich um eine freie Frequenz, und schon bald feiert 100.7 große Erfolge, was nicht zuletzt an Nora Tewes liegt, die als Holly Gomighty die Moderatorin gibt und mit einer perfekten Radiostimme gesegnet ist. Eigentlich ist Nora aber aus New York in ihre norddeutsche Heimatstadt zurückgekehrt, um Abschied von ihrer im Sterben liegenden Mutter zu nehmen. Kurz vor deren Tod offenbart sie der Tochter, dass sie als junges Mädchen von ihrem Nachhilfelehrer missbraucht wurde. Nora spürt den inzwischen 90-jährigen Täter auf, doch wird ihre Anzeige abgelehnt: Die Straftat ist verjährt. Gemeinsam mit dem Rechtsreferendar Simon schmiedet sie den Plan, den Radiosender zu nutzen, um das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen. „Radio Activity“ regt zu Debatten über Selbstjustiz und die Verjährungsregelung an – und läuft ganz sicher nicht Gefahr, als Märchenbuch missverstanden zu werden. hm

 

 

Karin Kalisa Radio Activity

C.H. Beck, 2019, 351 S., 22 Euro

 

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