Leicht ist es nicht!
So einiges wird erträglicher, wenn Gizmo Varillas ein neues Album veröffentlicht. Doch auch der Pop-Mutmacher braucht mal einen melancholischen Zwischenton.
Gizmo, wir leben in Zeiten, in denen es immer schwieriger wird, optimistisch zu bleiben. Trotzdem hältst du durch und veröffentlichst auf deinem dritten Album Songs wie „Born again“, die einfach ins Radio gehören, weil sie jedem ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
Es ist manchmal schon ein ziemlicher Kampf, vor allem, wenn man beides will: eine positive Botschaft im Text und einen optimistischen Sound. Früher habe ich oft getrickst, indem ich melancholische Lyrics hinter fröhlichen Kompositionen versteckt habe. Positive Musik wirkt schnell kitschig – aber ich bin sehr streng mit mir und sortiere viele Stücke aus. Gleichzeitig wird es immer wichtiger, den Kopf nicht hängen zu lassen. Wenn mich jemand auf die Naivität einer positiven Botschaft anspricht, kontere ich immer mit einer Gegenfrage: Was ist denn die Alternative? Aufgeben?
Wie schaffst du es, dass ein Song wie „Born again“ eben nicht kitschig rüberkommt?
Hinter jedem meiner Songs stecken persönliche und oft sehr dunkle Geschichten. Ich brauche eine intensive Beziehung zum Text, auch wenn ich ihn allgemeingültig halte, um Hörer*innen einen individuellen Zugang nicht zu verstellen. Ein generisches Liebeslied könnte ich etwa niemals schreiben. So bezieht sich „Born again“ auf eine sehr depressive Zeit in meiner Jugend. Mit meinen Eltern bin ich zwischen England und Spanien gependelt, und an beiden Orten war ich immer der Außenseiter. Der Song preist den Neuanfang und die Möglichkeit, aus der Isolation auszubrechen. Ich erwähne es nicht explizit, aber für mich geht es ganz konkret um meinen Umzug nach Wales, wo ich dann angefangen habe, in der Musikszene Anschluss zu finden.
Da du früher auch als Dokumentarfilmer gearbeitet hast, warst du für mich auch mit der Musik immer ein Geschichtenerzähler. „Out of the Darkness“ ist jetzt aber eher ein Selfie, oder?
Stimmt, denn das Album ist in einer schwierigen Umbruchsituation entstanden. Geplant war das nicht, aber irgendwie hat es sich verselbstständigt, und es hat wohl nicht zuletzt mit der Tatsache zu tun, dass ich 30 geworden bin. In der Vergangenheit habe ich immer Nebenjobs gemacht, um in London überleben zu können. Das wollte ich jetzt nicht mehr, nur hat die Entscheidung zum Vollzeitmusiker auch viele Ängste freigesetzt. Parallel dazu haben einige Menschen in meinem engsten Umfeld mit psychischen Erkrankungen gekämpft. Ich habe eine Platte gebraucht, mit der ich mich an all die Punkte in meiner Biografie erinnere, an denen ich mich ans Licht zurückgekämpft habe.
Lediglich mit dem Stück „Cold“ gönnst du dir ein bisschen Traurigkeit.
Das war für mich der schwierigste Song vom ganzen Album. Hier sind die persönlichen Details nicht ins Allgemeine gewendet, und zum allersten Mal habe ich einen Song aus der Ich-Perspektive geschrieben. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie oft ich mit der Möglichkeit gespielt habe, den Text umzuschreiben. Tatsächlich geht es darum, wie meine Freundin und ich vor zehn Jahren über eine Trennung nachgedacht haben, weil wir die Fernbeziehung nicht mehr ausgehalten haben. Inzwischen sind wir allerdings verheiratet, was für mich Rechtfertigung genug ist, diesen melancholischen Zwischenton auf der Platte zuzulassen.