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Lisa Sandlin: Family Business – Ein Fall für Delpha

Lisa Sandlin – Family Business
Lisa Sandlin – Family Business (Foto: Suhrkamp)

Lisa Sandlin vertieft im zweiten Band die Charakterzeichnung ihres sympathischen Ermittlerteams und spielt gekonnt mit klassischen Hardboiled-Sujets.

Dass Telefone durch Kabel mit der Wand verbunden sind, Schreibmaschinengeklapper aus Büros dringt und ein US-Präsident Konsequenzen aus seinen illegalen Machenschaften zieht, können wir uns heute kaum mehr vorstellen. Beaumont an der texanischen Golfküste, Spätsommer 1973: „Phelan Investigations“ ist frisch auf die Glastür einer schäbigen Detektei gepinselt worden, und der etwas verpeilte Tom Phelan kann froh sein, dass seine einzige Angestellte Delpha Wade mehr kann als Aktendeckel sortieren und Kaffee aufbrühen. Delpha, die wegen Totschlags 14 Jahre hinter Gittern sitzen musste, hat sich nach ihrer Freilassung den Sekretärinnen-Job bei Tom gekrallt und mischt kurzerhand bei der Ermittlungsarbeit mit.

Bei ihrem ersten gemeinsamen Fall ist sie dann prompt an einen Serienmörder geraten, der nur durch ihren beherzten Schlag mit einer Whiskeyflasche zu stoppen gewesen ist. Langsam gewöhnt sich Delpha wieder an das Leben in Freiheit und muss höllisch aufpassen, ihre Bewährungsauflagen einzuhalten. Gerade gefährdet eine Ermittlung wegen Körperverletzung ihre Chance, wieder Fuß zu fassen und endlich ihre Gefängnisblässe zu verlieren. Zur Ablenkung kommt da ein neuer Fall wie gerufen: Der 75-jährige Xavier Bell beauftragt Tom und Delpha, seinen fast gleichaltrigen Bruder Rodney zu finden, der nach Beaumont gezogen ist. Nur vermeintlich eine dröge Fleißarbeit, die mit dem Telefonbuch zu lösen ist. Nach und nach kommen Tom und Delpha dem gefährlichen Zwist zwischen den Brüdern auf die Spur, der durch falsche Namen, ein altes Foto, eine tote Schwester und einen getauschten Sohn immer verworrener wird.

Lisa Sandlin vertieft im zweiten Band die Charakterzeichnung ihres sympathischen Ermittlerteams und spielt gekonnt mit klassischen Hardboiled-Sujets. Dabei entgeht sie der Gefahr, in Genrekitsch oder Erzählschablonen abzurutschen, indem sie den draufgängerischen Tom und die hartnäckige Delpha sanft menscheln lässt. Durch zwei kleine Stiche und etwas Blut kommen sich die beiden auf ungewöhnliche Art ein kleines bisschen näher … nh

Lisa Sandlin Family Business – Ein Fall für Delpha

Suhrkamp, 2020, 357 S., 10 Euro

Aus d. Engl. v. Andrea Stumpf

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