Martyrium Mutterschaft: „Lu von Loser“ ist eine Ode ans Scheitern
So langsam arrangiert sich Lu mit dem Muttersein – doch was bleibt noch von ihr selbst übrig? „Lu von Loser – Staffel 2“ jetzt in der ZDF-Mediathek.
„Lu von Loser – Staffel 2“: ab sofort in der ZDF-Mediathek
Zwar hat Lu (Alice Gruia) ihre postpartale Depression überwunden und wohnt nicht mehr bei ihrer überfürsorglichen Mutter (Martina Eitner-Acheampong), doch während die erfolglose Musikerin in Staffel 1 noch mit dem Mutterwerden haderte, tut sie es nun zunehmend mit dem Muttersein: Ihre Tochter Berta (Bonnie Gruia) ist inzwischen so weit, in die Kita zu gehen. Und nach zwei Jahren als alleinerziehende Vollzeitmutter ist das endlich die Chance auf ein wenig Freizeit. Klingt verlockend. Bloß, was soll Lu mit dieser Zeit anfangen? Wurde ihre Identität in den letzten Jahren doch mehr über ihr Muttersein definiert, als es ihr lieb ist? Ist sie überhaupt noch Lu oder nur noch Mutter? Die Miniserie Lu von Loser – Staffel 2 (alle acht Folgen in der ZDF-Mediathek) ist eine anrührend wie witzige Geschichte über eine charmant-lakonische Frau, die beschließt, zurück in ihr Leben zu finden.
„Ich verstehe absolut, warum wir Kinder in die Welt setzen: Die sind mega gut fürs Selbstbewusstsein. Egal wie hässlich, stinkend, fettig, marottenhaft, bemitleidenswert oder schlicht dumm wir sind, dem Kind ist es scheißegal. Sie finden, du bist der tollste Mensch – noch“, sinniert die junge Mutter auf einem Spielplatz sitzend, während sie all die anderen freudig-gestressten, scheinbar perfekten, doch nicht minder gelangweilten Eltern beobachtet. Für Lu bedeutet Bertas neues Kita-Kapitel zwangsläufig auch mehr Kontakt mit anderen Eltern – und siehe da: Auch die scheinen kein rosarotes Teletubby-Leben zu führen. Als die den Vater Brett (Andrei Viorel Tacu) kennenlernt, verspürt sie das erste Mal seit langem so etwas wie sexuelle Anziehung. Doch wie ging Smalltalk, geschweige denn Dating nochmal?
Lu von Loser glänzt nicht mit tollen Bildern, noch sind die Dialoge sonderlich raffiniert. Doch so ist die Wirklichkeit mit einem Kleinkind nun mal auch nicht. Alice Gruia, Autorin, Regisseurin, Hauptdarstellerin und Produzentin der Sadcom, fängt über acht Folgen mit bemerkenswerter Beiläufigkeit das Alltägliche und die darin schlummernden Abgründe ein. Pointierte Gedanken wie die am Spielplatz, Musical-Einlagen und Tagträume stehen den profanen Alltagssituationen gegenüber und gipfeln zeitweise in skurrilen Gewaltfantasien, die jede:r von uns kennt, die wir allerdings niemals einer anständigen Mutter zugestehen würden. Gruia stellt unsere überambitionierten Ideale der Mutter infrage und findet sogar versöhnliche Worte für den abwesenden Vater. Gruia gibt der Traurigkeit, der Verzweiflung, der Überforderung einen Raum. Ihre Serie ist ein Eingeständnis ans Scheitern und somit Empowerment durch und durch.
„Die besondere Herausforderung ist bestimmt dieses alles-unter-einen-Hut-kriegen-wollen, dieser Spagat: Job, Elternsein, Partnerschaft, soziales Leben, ein Hobby sollte man auch noch haben und sich gesund ernähren. Und am besten, man engagiert sich auch noch für einen gemeinnützigen Zweck“, erklärt Gruia in einem Interview. Und die Showrunnerin weiß, wovon sie spricht. Schließlich ist sie zweifache Mutter. Der Trick ist es, die Kinder einfach mit zur Arbeit zu nehmen. So spielt etwa nicht nur Bonnie Gruia ihre Tochter, sondern Josephine Gruia die junge Lu in den Rückblicken.