„Luden“ auf Amazon Prime: Vom Tellerwäscher zur Kiezgröße
Auf Amazon Prime startet die Serie „Luden“, in der in den 1980ern auf der Hamburger Reeperbahn die Nutella-Bande alles auf den Kopf stellt.
Als „der schöne Klaus“ Anfang der vierten Folge auf dem Klo sitzt und die Papierrolle leer ist, kommt es Klischee-GAU: Er putzt sich den Hintern mit ein paar Hundertern ab, weil er während seines Geschäfts gerade das Geld zählt, das minütlich mehr wird: Die Nutella-Bande hat es geschafft: Nach der Renovierung der eigenen Etage im Eroscenter und einer Rieseneröffnugnsparty brummt der Laden, und der neue Lude Klaus Barkowsky (Aaron Hilmer, „Im Westen nichts Neues“), der sich selbst Milieumanager nennt, muss weitere Luden einstellen, weil ihm die Arbeit über den Kopf wächst. Willkommen in der neuen Serie Luden auf Amazon Prime.
Kurz zum Hintergrund der historischen Serie nach zumindest einer wahren Begebenheit: Der Kneipenkellner Klaus Barkowsky, in der Freizeit erfolgloser Künstler, steigt in den 1980ern auf der Hamburger Reeperbahn ins Zuhältergeschäft ein, und Jutta (Jeanette Hain, „Herzogpark“) ist seine erste Prostituierte. Er sagt damit der GMBH den Kampf an, die bis dahin das einzige Luden-Kartell in Hamburg ist. Auf der dortigen Reeperbahn aber entwickeln sich gerade die Geschäfte, Europas größter Strich wird überregionaler Publikumsmagnet. Noch ist es vor der Zeit, da Aids den ungeschützten Sex in seine schwerste Krise stürzt und mit dem Koks weitere Schwierigkeiten kommen.
Erzählerin der gesamten Geschichte ist die Hure Jutta, in ihrem heroischen Pessimismus perfekt gespielt von Jeanette Hain. Als es an der Zeit ist, verlässt sie ihren langjährigen Luden Beatle (Karsten Antonio Mielke), und baut mit Geld, aber auch mit viel psychologischem Geschick Klaus Barkowsky zu ihrem neuen Luden auf. Ein paar Machtkämpfe und Schlägereien später weiß „der schöne Klaus“ das Geschäft immer besser zu betreiben und hat mit dem Boxer Bernd sowie dem Rechengenie Andi sowohl das Gewaltmonopol gesichert als auch die Kasse in beste Hände gegeben.
Er selbst ist der verkappte Künstler, der die Prositiution aus dem Schmuddelumfeld rausholt und in ein glamouröses Setting einbettet. Vorher aber schickt die Nutella-Bande ihre Huren zum Anschaffen noch in einen umgebauten Kleinbus oder auf die Straße. Die Austattung ist hervorragend schäbig bis 80er-Jahre-kitschig, das Licht leuchtet gerade mal so viel aus, dass der Dreh sich nur selten im oberen finanziellen Bereich abgespielt haben dürfte, und die Geschichte wechselt gerne zwischen ungeschminkt-rauh und pathetisch überhöht. Letzteres bewirkt oft Jeanette Hain, wenn sie als erzählende Huro die Geschichte dann doch zu sehr ins Existentialistische treibt. Weil dann aber die meisten Geschäftsgespräche auf Hamburgisch stattfinden, erdet sich die Geschichte ruckzuck von alleine wieder.
Zum Cast der Serie gehören neben den schon Genannten noch Lena Urzendowsky („Christiane F. – Wie Kinder vom Bahnhof Zoo“), Noah Tinwa, Henning Flüsloh, Karsten Antonio Mielke, Stefan Konarske, Thea Ehre, Anne Haug, Lara Feith, Daniel Zillmann und Stephan Kampwirth.