„Meeresfriedhof“ von Aslak Nore
Gleich zu Beginn seiner Falck-Saga liefert Aslak Nore mit „Meeresfriedhof“ den nötigen Tiefgang: Die Angehörigen eines Reeder-Clans gehen den Gegheimnissen ihrer Vergangenheit wortwörtlich auf den Grund.
„Meeresfriedhof“ von Aslak Nore ist unser Krimitipp der Woche.
Oftmals sind es Zufälle, die über Leben und Tod entscheiden. Doch manchmal kann man dem Glück etwas nachhelfen, um den weiteren Weg für sich oder andere zu ebnen. Gerade in extremen Situationen schubst eine intuitive Handlung das Schicksal in eine andere Bahn – ohne dass man in diesem Moment die Folgen bedenken kann. Der norwegische Autor Aslak Nore baut aus diesen Gedanken seine spannende Falck-Saga, mit deren Erzählfäden er über mehrere Zeitebenen und Generationen hinweg souverän spielt. Ausgehend vom Zweiten Weltkrieg spannt Nore die Auswirkungen eines Familiendramas über die Konfliktherde des Kalten Krieges bis hin zur Gegenwart und den aktuellen politischen Entwicklungen.
Im Oktober 1940 wird ein norwegisches Hurtigrutenschiff von einer englischen Mine getroffen. Hunderte Menschen kommen ums Leben, unter ihnen ist auch der Unternehmer und Reeder Thor Falck. Seine Frau, die junge Schriftstellerin Vera Falck, kann sich und ihren kleinen Sohn Olav gerade noch retten, als das Schiff sinkt. 75 Jahre später begeht Vera Selbstmord, doch ihr Testament ist nicht auffindbar: eine Katastrophe für die einflussreiche wie wohlhabende Familie. Ihr Sohn Olav – mittlerweile Vorsitzender der einflussreichen SAGA-Stiftung – bangt um sein Milliardenerbe. Seine Mutter könnte wohlmöglich kurz vor ihrem Freitod den verarmten Zweig der Familie bedacht haben, der aus Thor Falcks erster Ehe stammt. Zudem bleiben Veras Memoiren unter Verschluss, die sie über die Schiffskatastrophe geschrieben hat. Diese wurden in den 1970er-Jahren noch vor Veröffentlichung vom Staatsschutz beschlagnahmt: Welch brisante Information soll hier im Dunkeln gehalten werden? Olavs Tochter Sasha begibt sich auf die Suche nach dem Manuskript. Mithilfe des windigen Johnny Berg versucht sie somit, die Vergangenheit ihrer Familie zu ergründen – wenngleich sie sich auch gegen ihren mächtigen Vater stellen muss. Eine riskante Untersuchung des Schiffswracks in 300 Meter Tiefe könnte Klarheit über die noch immer ungeklärten Geschehnisse bringen – oder neue Erkenntnisse zu Tage fördern, die nicht nur Sasha in Gefahr bringen …
Wer mit „Meeresfriedhof“ von Aslak Nore in die herrlich intrigante und opulent gezeichnete Welt der Falcks abtaucht, wird mit einem außergewöhnlich intensiven Lesevergnügen belohnt.
Der 1978 in Oslo geborene Aslak Nore hat als Elite-Soldat in Bosnien gekämpft und war Journalist im Nahen Osten. Vor diesem Hintergrund gelingen ihm authentische Episoden, mit denen er weitere Familienmitglieder in die Handlung integriert: Hans Falck, der als Doktor in den frühen 1980er Jahren in einem Flüchtlingscamp im Libanon arbeitet und Leben rettet. Sverre Falck, deren traumatische Erlebnisse in Afghanistan sie spürbar verfolgen. Zwar ist Nores literarisches Thrillerepos über Täuschung und Wahrheitssuche so verwinkelt wie eine Fjordküste. Doch wer in die herrlich intrigante und opulent gezeichnete Welt der Falcks abtaucht, wird mit einem außergewöhnlich intensiven Lesevergnügen belohnt.
Mit „Meeresfriedhof“ hat es Aslak Nore auf unsere Liste der besten Krimis im Mai 2024 geschafft.