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Mine: Alles auf Abwechslung

Mine veröffentlicht ihr neues Album „Hinüber“
(Foto: Simon Hegenberg)

Von Musik will Mine überrascht werden. Kein Wunder, dass sie mit den deutschen Charts so ihre Probleme hat.

Mine, dein neues Album „Hinüber“ klingt sehr abwechslungsreich. Hängt das mit der zusätzlichen Zeit im Studio zusammen, die dir 2020 verschafft hat?

Mine: Eigentlich versuche ich das bei allen meinen Alben. Abwechslung ist mir super wichtig. Ich mag auch selbst vor allem Platten, die nicht nur in einer Welt stattfinden, obwohl ich auch manchmal auf Konzeptalben stehe. Aber ich finde es einfach geil, wenn plötzlich ein Song in eine komplett andere Richtung geht. Ich möchte überrascht werden. Bei meinen eigenen Alben gefällt mir manchmal jeder Song, aber ich muss einfach noch einen schreiben, der anders ist – so war es auch bei dieser Platte.

Welcher Song war das in diesem Fall?

Mine: „Eiscreme“. Die ersten Songs, die ich geschrieben habe, waren alle sehr schwer und anstrengend. Das ist natürlich auch 2020 geschuldet, aber ich wollte trotzdem noch etwas schreiben, was ein bisschen Leichtigkeit reinbringt und einen kurz durchatmen lässt. Ich habe auch echt lange gebraucht, um auf diese Idee zu kommen, weil mir einfach nichts eingefallen ist, das ich aktuell geil finde – aber über Essen kann ich immer reden! (lacht)

Zu den ernsteren Themen: „Unfall“ ist ein sehr politischer Song. Hast du im letzten Jahr Erfahrungen gemacht, die ihn geprägt haben?

Mine: Nicht unbedingt persönliche Erfahrungen, aber die Sicht auf die Welt hat sich schon verändert. Ich habe mich schon immer mit Diskriminierungsformen beschäftigt, und die aktuelle Weltpolitik und das, was an den europäischen Grenzen abgeht, haben sicher emotional Einzug gehalten. Bestimmt auch, weil ich im letzten Jahr sehr viel allein zu Hause war. Ich hatte mir allerdings nicht vorgenommen, ein politisches Statement abzugeben. Wir haben uns im Studio über die Situation unterhalten, und ich bin ins Nebenzimmer gegangen, um all das loszuwerden. Für mich ist Musik eine Verarbeitung von Emotionen, bei denen ich nicht weiß, wohin ich damit sonst soll. Engagieren kann man sich auch anders, das muss nicht unbedingt in der Musik stattfinden.

Der Song „Audiot“ macht sich über jemandem mit einem sehr seichten Musikgeschmack lustig. Schwebt dir dabei etwas Konkretes vor?

Mine: Ich finde einfach, das meiste, was in den deutschen Charts stattfindet, ist sehr copy-paste. Es baut auf dem auf, was schon erfolgreich ist, und hat teilweise nicht mal einen Inhalt – und so ist es ja auch konzipiert. Natürlich gönne ich das den Leuten, die es gern hören. Ich hatte mit 18 oder 19 auch den Moment, wo mir jemand verraten hat, dass die Künstler*innen im Radio ihre Songs nicht selbst schreiben, und war so: Nein! O Gott! Wenn man es nicht weiß, macht es einem nichts aus. Aber dadurch, dass ich mittlerweile so tief in der Musikindustrie drin bin, höre ich das immer deutlicher. Gerade die erfolgreichsten Sachen klingen oft sehr ähnlich. Ich bin da aber keine Kulturpessimistin oder so. Ich finde es eher spannend und sogar lustig.

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