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Neue Perspektiven auf Charli XCX’ „Brat“-Remixalbum

Das Cover von Charli XCXs Album „Brat and it’s completely different but also still Brat“

Charli XCX' Album "Brat" hat die Popkultur ordentlich aufgemischt. Jetzt erschien das Remix-Album mit Features von Bon Iver, Ariana Grande und vielen mehr. Lohnt es sich, reinzuhören?

Mit seinem neongrünen Cover und eingängigen Hyperpop-Hymnen war „Brat“ von Charlie XCX eines der prägendsten Phänomene des Sommers 2024. Der „Brat-Sommer“ versprach ausgelassenes Feiern, eine Alles-egal-Haltung und ein Loslösen von fremden Erwartungen.

Doch das Ende des Sommers bedeutet keinesfalls das Ende der „Brat“-Ära, denn nun erschien Charlis Remixalbum mit dem verkopften Titel: „Brat and it’s completely different but also still brat“.

Hierfür hat sich die britische Sängerin ein breites Aufgebot an Musikerkolleg:innen ins Boot geholt, die als Features die Songs bereichern sollen. Ariana Grande, Billie Eilish und Bon Iver sind nur der Anfang. Jeder Song bekommt seinen eigenen Remix. Doch welchen Mehrwert bietet das Remixalbum?

Neue Blickwinkel

Besonders spannend an dieser Versions des Albums ist, dass sie Dialoge eröffnet und neue Sichtweisen erlaubt. Während Charli in „Brat“ ihre aussichtslosen Gedankengänge schildert, zeigen die Remixes auf, dass sich in den letzten Monaten viel für sie verändert hat.

Der Song „Sympathy is a Knife“ handelt im Original von dem Konkurrenzdruck, den sie zwischen sich und einer anderen erfolgreichen Frau verspürt: „Couldn’t even be her if I tried“. Jetzt, wo „Brat“ erfolgreicher ist als erwartet, re-evaluiert sie ihre Bestrebungen, denn sie stellt fest, dass mit dem Erfolg neue Ängste schon auf sie warteten: „’Cause it’s a knife when you’re finally on top/’Cause logically the next step is they wanna see you fall to the bottom“.

Als Kollaborateurin hat sich Charli für diesen Song Ariana Grande ausgesucht – eine der erfolgreichsten Popsängerinnen der heutigen Zeit. Diese kann (buchstäblich) auch ein Lied von den Schattenseiten des Ruhmes singen. Der neugeschriebene Track wendet sich im Vergleich zum Original um 180 Grad und zeigt, dass das Gras auf der anderen Seite nicht unbedingt immer grüner ist.

Neue Freundschaften

In der Vergangenheit wurde Charli oft mit der neuseeländischen Sängerin Lorde verglichen. In ihrem Song „Girl, so confusing“ zeigt sie sich verunsichert: „Yeah, I don’’t know if you like me/Sometimes I think you might hate me“. Auf dem Remix reagiert Lorde auf die Selbstzweifel und schlägt vor: „let’s work it out on the remix“. Der Track wird zu einer Art Klärungsgespräch, in dem die beiden Sängerinnen sich alles von der Seele reden und die Missverständnisse aus der Welt schaffen, die sich über Jahre angesammelt haben.

Dabei bewegen sich die Texte hin und wieder auf eine Metaebene: „And when we put this to bed/The internet will go crazy/I’m glad I know how you feel/’Cause I ride for you Charli“. Die beiden verbünden sich und lassen die Unsicherheiten hinter sich. Das Lied, welches ursprünglich ein Einblick in die Gedankenwelt eines Overthinkers war, bildet nun den Prozess einer entstehenden Freundschaft ab.

Zeit ist vergangen

Mit einer Kollaboration zwischen Charli und Bon Iver hätte vor diesem Album wohl keiner gerechnet. „I think about it all the Time“ gehört zu den verletzlichsten Songs des Albums. Charli legt offen, dass sie hin- und hergerissen ist zwischen ihrer Karriere und dem Druck, eine Familie zu gründen: „Should I stop my birth control?/’Cause my career feels so small/In the existential scheme of it all“.

Auch hier gewährt Charli durch den Remix einen Einblick, was sich seit dem Erfolg von „Brat“ geändert hat. Denn jetzt hat ihre Karriere einen Aufschwung bekommen, aber das Ticken der (biologischen) Uhr plagt sie weiterhin: „Me and George sit down and try to plan our future/But there’s so much guilt involved when we stop working/’Cause you’re not supposed to stop when things start working“. Bon Iver stellt dabei Fragen, die zum weiteren Reflektieren anhalten: „Why do you search in your heart?“ Eine gelungene Neuinterpretation des ohnehin schon emotionalen Songs.

Queere Exkurse

Den Remix zu „Guess“ mit Billie Eilish kann man schon seit einigen Wochen hören. Es ist wohl der Song mit dem größten Ohrwurmpotenzial. Billie Eilish, die spätestens seit ihrer Single „LUNCH“ in der queeren Community angekommen ist, sorgt auch auf „Guess featuring Billie Eilish“ dafür, dass Queerness auf „Brat“ ihren Platz hat. Sie spricht es in aller „Brat“-Manier sehr offen aus: „Charli likes boys, but she knows I’d hit it“. Auch Troye Sivan, mit dem Charli gemeinsam in den USA auf Tournee geht, bringt in seinem Remix zu „Talk talk“ eine Portion Sexualität ins Spiel: „Boy, come see me/We could pop our shit to Charli/In the med your arms around me“.

Obwohl Charli XCX mit „Brat“ schon bewiesen hat, dass sie sowohl Musik zum Tanzen als auch zum Nachdenken machen kann, bringt sie mit „Brat and it’s completely different but also still brat“ ganz neue Ebenen in die Songs, die aufzeigen, dass sie sich tiefgründig mit ihren Gefühlen und Gedanken auseinandersetzt. Klanglich ist diese Version zwar in ähnlichen Sphären angesiedelt wie das Original, jedoch lohnt es sich, bei den Remixes auf die Texte zu achten und sie mit den ursprünglichen Songs zu vergleichen.

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