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Kein Schritt zum Abgrund: „Nevereverending“ von Misty Coast

Misty_Coast-14__photo credit Johanne Nyborg
(Foto: Johanne Nyborg)

Der Dreampop von Misty Coast weckt nostalgische Gefühle. Doch ganz eigentlich geht es um die schwarzen Löcher unserer Gegenwart.

„Wenn ich die Möglichkeit hätte, in die Zeit meiner Jugend zurückzukehren, die mit so vielen guten Erinnerungen verbunden ist – ich bin mir nicht sicher, ob ich mich wirklich dafür entscheiden würde“, überlegt Linn Frøkedal vom norwegischen Dreampopduo Misty Coast. Gemeinsam mit ihrem Partner Richard Myklebust hat sie ein Album aufgenommen, in dem sehr viel Nostalgie steckt: Wenn sich auf „Nevereverending“ die Shoegaze-Gitarren und verhangene Sounds mit großen Popmelodien verbinden, erinnern die beiden an Bands wie Mazzy Star und die Cocteau Twins. „Es ist eine Verneigung vor all den Musiker:innen, die uns inspiriert haben“, sagt Frøkedal zu der Entscheidung, in dieser dunklen Zeit eine Audiobiografie vorzulegen – die auch als eine Art Selbstvergewisserung dient, dass der Weg in die Kunst trotz allem eine gute Wahl gewesen ist.

Doch natürlich bleiben Misty Coast nicht bei der Nostalgie stehen. „Es ist okay, das Fundament deiner Held:innen zu nutzen, aber wenn du dich darauf beschränkst, bist du ja nur TikTok“, ergänzt Myklebust, der etwa bei dem Song „Hi Goodbye“ viele Effektgeräte genutzt hat, um mit seiner Gitarre mal eben ein ganzes Orchester aufzufahren. Natürlich sind da die eingängigen Vocals von Linn Frøkedal, doch bei Misty Coast spielen alle Instrumente eine unwiderstehliche Melodie, und die Art und Weise, wie sich diese kleinen Fragmente verzahnen, sorgt dafür, dass ihr viertes Album mit jedem Durchlauf aufs Neue überrascht. Und auch die Texte blicken nach vorn, wenn Frøkedal etwa in „The Crossing“ dazu ermuntert, den Kampf mit den Maschinen aufzunehmen. Nicht umsonst steht am Ende des Albums der Song „Cold War“ – der nur vermeintlich eine apokalyptische Ballade ist. „You’re moving/Around a big black hole/And if you let go, you will be gone“, singt sie. Am Ende sind es die alten Ideale und das Aufbegehren, die uns vor dem schwarzen Loch bewahren.

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