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„No Way Home“ von T.C. Boyle: Rot wie die … MAGAs

TCBoyle
(Foto: Anna Morgenstern)

Hölzerne Hauptfiguren und Oberflächlichkeiten: Zunächst wirkt „No Way home“ wie ein erschreckend schwacher Roman von T.C. Boyle – und entpuppt sich dann als Meisterleistung.

Wieder mal fährt Terrence von L.A. nach Boulder City, einem Kaff in der Wüste Nevadas. Beim Wechseln der Fahrspur übersieht er einen Jeep, doch der andere Fahrer bremst gerade noch rechtzeitig ab und weicht aus, es kommt zu keinem Unfall. Dumm nur, dass Terrence den Fahrer des Jeeps an der nächsten Tankstelle begegnet. „Und da war auch schon der Besitzer, öffnete die Fahrertür und stieg aus. Auf seiner Cap stand zwar nicht MAGA, aber sie war rot, und die Farbe Rot war in diesem Kulturkrieg von der anderen Seite vereinnahmt worden.“ Terrence übersteht diese Begegnung unbeschadet, weil er sich ganz devot verhält und mehrfach entschuldigt. Doch dieses kleine Zwischenspiel repräsentiert die Essenz von T.C. Boyles neuestem Roman.

T.C. Boyle erzählt eine Dreiecksgeschichte, und zunächst wirkt „No Way home“ wie einer seiner schwächeren Romane: Die Hauptfiguren wirken hölzern, statt sie psychologisch auszuleuchten, arbeitet sich der 76-jährige US-Amerikaner oft an Oberflächlichkeiten ab. Terrence ist Assistenzarzt in L.A., nach dem Tod seiner Mutter erbt er deren Haus in dem Redneck-Kaff. Kaum dort angekommen, verliebt er sich Bethany – doch ist da auch noch deren Exfreund Jesse, und auch wenn der zwar davon träumt, Schriftsteller zu werden, ist er doch eine archetypische Figur mit Tendenz zu Drogen, Gewalt und traditionellen Geschlechterbildern. Terrence und Jesse duellieren sich, und beide müssen arge körperliche Schäden verzeichnen … T.C. Boyle verhandelt irrationale Anziehung und Abhängigkeitsstrukturen in Beziehungen, doch vor allem kartografiert er ein zutiefst gespaltenes Land. Wenn er abwechselnd aus der Perspektive der drei Protagonist:innen erzählt, bleibt er nicht zufällig in der dritten Person Singular. Die Meisterleistung bei der bewusst gewählten Oberflächlichkeit: Der Ausgang des Duells bleibt bis zur allerletzten Seiten spannend.

T.C. Boyle stellt „No Way Home“ mit einer großen Lesereise vor, auf der er von Ben Becker begleitet wird

22. 11. Hamburg, Laeiszhalle

24. 11. München, Isarphilharmonie

27. 11. Berlin, Philharmonie

1. 12. Stuttgart, Liederhalle/Mozartsaal

3. 12. Düsseldorf, Tonhalle

Buchcover „No Way Home“ von T.C. Boyle

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