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Peter Zantingh: Nach Mattias

Peter Zantingh: Nach Matthias

Peter Zantinghs Roman „Nach Mattias“ setzt ein, kurz nachdem sein Held verstorben ist. Doch sind die genauen Umstände dieses Todes gar nicht so sehr der Grund, warum man dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen kann.

Ein junger Mann in den Dreißigern wurde von einem Tag auf dem anderen aus dem Leben gerissen. Was sich im Roman von Peter Zantingh schon im Titel „Nach Mattias“ andeutet, wird nach wenigen Sätzen zur Gewissheit, denn das erste Kapitel gehört seiner Freundin Amber und ihrer Trauer: „Was ich all die Jahre gemeint hatte, wenn ich sagte, dass ich gut allein sein könne, war, dass ich gut allein sein könne, solange das mit einer annehmbaren Endlichkeit verknüpft war. Solange das Alleinsein durch sein Kommen wieder aufgehoben werden konnte, er mit seiner ewig hastigen Fröhlichkeit ,Hi’ rufen würde.“ Der Leser erfährt, dass Mattias ein Musikenthusiast gewesen ist, dass er für eine Bookingagentur gearbeitet hat und dass es kurz vor seinem Tod einen Streit mit Amber gegeben hat, weil Mattias seinen Job hinschmeißen wollte, um gemeinsam mit seinem besten Freund Quentin ein Musikcafé zu eröffnen. So ist es denn auch Quentin, der im zweiten Kapitel von Mattias erzählt – doch die genauen Umstände von dessen Tod bleiben weiterhin im Dunklen.

„Nach Mattias“ von Peter Zantingh ist weit mehr als ein Buch über Trauer und ein Spiel mit zurückgehaltenen Informationen.

Der niederländische Autor Peter Zantingh hat seinen ersten ins Deutsche übersetzten Roman extrem clever gebaut: Nacheinander lässt er acht Figuren aus dem Umfeld von Mattias erzählen. Stück für Stück setzt sich so ein Bild des verstorbenen Protagonisten zusammen, und der Leser erhält ganz unterschiedliche, sich teilweise widersprechende Eindrücke von Mattias. Doch ist „Nach Mattias“ weit mehr als ein Buch über Trauer und ein Spiel mit zurückgehaltenen Informationen: Das Interesse, was genau Mattias passiert ist, rückt ein wenig in den Hintergrund – und das liegt an den tiefenscharfen Psychogrammen, die Zartingh von seinen Erzähler*innen zeichnet. Es sind vor allem vermeintliche Nebenfiguren, die sich einbrennen: Da ist Natham, ein Verkaufsgenie, der weder für seinen Job noch für seinen Freund Leidenschaft empfinden kann und sich in den Alkohol flüchtet. Er wartet vergeblich auf Amber und Mattias, die über Airbnb sein Strandhaus gemietet haben. Und da ist Issam, ein Roadie, der wie Mattias „Football Manager“ spielt und ihm täglich gemailt hat.

Das letzte Wort in dem Roman hat wieder Amber, die bei einem Konzert gegen ihren Schmerz ansingt. Und ganz am Ende hält Zantingh noch eine Zugabe bereit: eine Playlist mit Songs, die in seinem trotz des Themas so lebensbejahenden Roman eine wichtige Rolle spielen. Die ist mit Künstlern wie Sufjan Stevens, The National und Songs: Ohia nicht nur geschmackssicher zusammengestellt. Sie bietet den Leser*innen einen Ort, an dem sie den Roman nachwirken lassen können. cs

Peter Zantingh Nach Mattias

Diogenes, 2020, 256 S., 22 Euro

Aus d. Niederl. v. Hanni Ehlers

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