„Doggerel“ von Pixies: Pausensause
Ausgerechnet die Pandemie hat den Pixies für ihr neues Album „Doggerel“ zu frischem Wind verholfen: Selbst Gitarrist Joey Santiago schreibt auf einmal Songs.
Unter dem Gesichtspunkt, dass die Pixies sich bereits 1986 gegründet haben, sind acht Alben gar nicht so viel. Aber natürlich dürfen wir die knapp zehn Jahre Pause nicht vergessen, in der Frontmann Black Francis seine Band quasi aufgelöst hatte. Seit der Wiedervereinigung 2004, noch stärker aber seit dem Abschied der ersten Bassistin Kim Deal im Jahr 2013, fühlt es sich manchmal so an, als müssten die Pixies mit jedem neuen Album wieder beweisen, dass sie noch einen Grund zum Existieren haben – gerade weil die Zeiten, in denen sie den Alt-Rock für immer verändert haben, schon etwas her sind.
Bei „Doggerel“ hat das ein unvorhersehbares Ereignis einfacher gemacht als sonst: die Pandemie. Pausen sind die Pixies ja gewohnt, und so haben alle vier Mitglieder die zwei tourlosen Jahre auf ihre Art produktiv genutzt. Black Francis hat 40 komplette Songs geschrieben, Drummer Dave Lovering sich endlich die Hände operieren lassen, und Gitarrist Joey Santiago steuert mit „Dregs of the Wine“ sein erstes Lied überhaupt zu einem Pixies-Album bei – ein Track, der mit seiner Laut-Leise-Dynamik ziemlich nah an klassisches Pixies-Material kommt. „Es ist vielleicht unser erstes Album seit ,Doolittle’, mit dem ich komplett glücklich bin“, sagt auch Lovering.
Trotzdem ist klar, dass die Band älter wird – auch ihr selbst. Die Songs sind oft ausdauernder, haben nicht mehr die Buddy-Holly-Kürze von früher. „Ich spiele das Punkzeugs richtig gern“, sagt Black Francis dazu, „aber du kannst es einfach nicht künstlich erzwingen.“ Stattdessen holt sich „Doggerel“ Inspiration aus der ganzen Rockgeschichte: Der Refrain von „Haunted House“ erinnert an die Crooner der 50er, „Pagan Man“ ist Folkrock mit gepfiffenem Outro, und auf dem Titeltrack kreieren Lovering und Bassistin Paz Lenchantin einen Funkteppich für Santiagos Gitarre. Dass sich die Pixies heute an den Konventionen orientieren, die sie einst gesprengt haben, hätte 1986 wohl niemand vorhergesagt. Aber nach acht Alben ist es absolut verständlich, wenn eine Band in den besten Jahren alles etwas entspannter sieht. Einmal das Rad neu erfinden reicht ja auch.