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Cancel Culture von rechts: „Erfolg“ am Residenztheater

Eine Frau sitzt und schaut in die Kamera und hat das Kinn auf eine Hand gestützt
Residenztheater-Schauspielerin Liliane Amuat spielt in „Erfolg“ die Hauptrolle. (Foto: Magnus Lechner)

Ein fortschrittlicher Geist wird aus politischen Gründen abgesägt, die politische Rechte profitiert, das Individuum leidet. Das neue Münchner Stück nach dem Buch von Lion Feuchwanger ist hochaktuell.

Residenztheater: Gestern oder heute?

Ist die aktuelle Premiere „Erfolg“ am Residenztheater (24. Mai) mit Liliane Amuat (Foto) schon von heute oder noch von 1920? Lion Feuchtwanger skizzierte in seinem Roman „Erfolg“ eindrücklich, wie eine rechtskonservative Regierung einen progressiven Kuratoren wegsperrt, weil der vermeintlich anstößige Kunst erworben hat, aber den Oberen eigentlich zu unbequem ist – und dann eine nationalistische Bewegung ihre Chance gekommen sieht, den Rechtsstaat und die Demokratie zu zersetzen.

Liliane Amuat: Die Frau kämpft um ihren Mann

In der Bühnenfassung führt Stefan Bachman Regie, Liliane Amuat kämpft in der Rolle der Grafologin Johanna Krain als Ehefrau des Eingekerkerten um Gerechtigkeit. Sie will die Freiheit für ihren Mann zurück, geht dazu ungute Allianzen ein, schlägt sich furchtlos durchs Dickicht aus Machtpolitik, Intrigen und trifft in dieser bayerisch-bierseligen Lebensart mehrfach auf Männer, die Hilfe versprechen, aber nur Beischlaf meinen …

Es ist nicht schwer zu sehen warum Feuchtwangers Stück am Residenztheater wieder aktuell ist: Die Autokratie, die Andersdenkende bekämpft wie in „Erfolg“ zu sehen, ist überall auf der Welt auf dem Vormarsch. Sie fährt auch in vielen europäischen Ländern wie Ungarn, Polen, Italien und Frankreich ihre Krallen nach der Macht aus oder hat sie schon ergriffen. Rechte Parteien, die in angeschlagenen Demokratien ihre Chance sehen, durch Spaltung und das Säen von Streit und Hass an die Macht zu kommen. Cancel Culture von links und rechts türmt überall Abneigung auf und verhindert den Diskurs. Wie das Residenztheater schreibt: „Mit ,Erfolg’ reisen wir ins Innere einer Gesellschaft, in welcher der eigene Karrierevorteil, die Ansprüche gekränkter Seelen, der Hass auf die Nachbar:innen, die Wut auf die politisch Andersdenkenden oder die eigene Orientierungslosigkeit zum Maß aller Dinge werden.“

Ein leider sehr zeitgemäßes Stück über gesellschaftspsychologische Mechanismen, in denen sich demokratische Strukturen verflüchtigen können.

Regisseur Stefan Bachmann war mit seiner letzten Inszenierung in München „Graf Öderland“ zum Berliner Theatertreffen 2021 eingeladen. Über dieses Stück haben wir auch berichtet.

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