„Die Aosawa-Morde“ von Riku Onda: Vergiftete Gesellschaft
Mit ihrem multiperspektivisch angelegten Kriminalroman „Die Aosawa-Morde“ orientiert sich Riku Onda an der Origami-Technik.
Am Anfang des Kriminalromans „Die Aosawa-Morde“ von Riku Onda steht eine Frage: Kann man den Leuten vom Lieferdienst wirklich trauen? In den 1970er-Jahren veranstaltet die japanische Ärztefamilie Aosawa eine große Geburtstagsfeier, zu der sie sich die Getränke bringen lässt. Doch der Sake und die Limonaden enthalten Zyanid: 17 Personen sterben qualvoll durch Vergiftung.
Nur durch Zufall entgeht die blinde zwölfjährige Hisako als einziges Familienmitglied dem Massenmord. Ihre Äußerungen von einem eigentümlichen blauen Raum sowie einer Kräuselmyrtenblüte bleiben rätselhaft und werden als Verdrängung der Ereignisse abgetan. Da der Kurier, der die Getränke geliefert hat, Selbstmord begeht, wertet die Polizei dies als Schuldeingeständnis. Sein Motiv jedoch bleibt ungeklärt. Riku Onda folgt in ihrem multiperspektivisch angelegten Kriminalroman keinem gängigen Schema: Durch Zeitungsberichte und Interviews mit den Zeugen umrahmt sie die Nachforschungen eines Detektivs und lässt eine Buchautorin recherchieren, um Jahrzehnte nach dem Verbrechen dessen Hintergründe zu ergründen. Ähnlich zur Origami-Technik faltet Riku Onda so die unterschiedlichen Interpretationen des Tathergangs zu einer kunstvollen Erzählfigur, welche die mehrdimensionale Wahrnehmung der Wirklichkeit anhand sozialer Unterschiede und Sinneseindrücke veranschaulicht. Ein faszinierendes Porträt der japanischen Gesellschaft – und ein bildstarkes Verwirrspiel, das durch die Blume schließlich zur Lösung führt.