Tarantino auf Pillen
Drei Huren auf Teneriffa greifen zur Waffe und kämpfen für ihre Freiheit. Die spanische Serie „Sky Rojo“ zeigt, welche desaströsen Konsequenzen diese Kriegserklärung hat.
Man möchte meinen, die Serie „Sky Rojo“ auf Netflix sei eine Hommage an Quentin Tarantino. Álex Pina und Esther Martínez Lobato, die Showrunner der Serien „Haus des Geldes“ und „White Lines“, schicken drei Huren auf Teneriffa in den blutigen Widerstand gegen ihren Zuhälter und dessen Handlanger. Die Inszenierung von Gewalt erinnert stark an den Quentin Tarantino der 1990er-Jahre, doch die Dialoge sowohl zwischen Coral, Wendy und Gina als auch in den Gesprächen der Gangster und Zuhälter sind viel authentischer und oftmals alles andere Pulp. Zwar werden die Heldinnen von Verónica Sánchez, Lali Espósito und Yany Prado absichtlich klischeehaft überzeichnet gespielt in ihrem Kampf gegen ihren Zuhälter Romeo (Asier Etxeandia), doch immer bewahren die Drei sich im Laufe der Handlung ihre Würde.
Sie reflektieren ihre Situation, geben in Erinnerungen Einblick in ihre Vergangenheit und zeigen so, mit welchen Tricks sie in den Las Novias Club gelockt wurden und wer alles daran verdiente. Gerade letzteres ist manchmal mit sehr viel Enttäuschung verbunden und führt direkt in den ernsthaft-realitischen Part dieser sonst so überdrehten Serie. Bei aller Selbstironie in ihrer Charakterzeichnung sind Drogensucht und eine Portion zu viel Naivität neben den High Heels ihre großen Hürden im Kampf gegen männliche Gewalt und die Rache der Gefoppten. Doch immer wieder wissen sich Coral, Wendy und Gina aus ihrer prekären Situation zu befreien. Dass sie eigentlich nie auf die Hilfe durch Männer bauen sollten, lernen sie dabei nicht so schnell, wie das eigentlich nötig wäre.
„Sky Rojo“ ist keine Meisterleistung des Genres Pulp der Showrunner Álex Pina und Esther Martínez Lobato. Die spanische Serie ist aber auch kein Flop wie so manche Serie der Streaminganbieter, sie ist überdurchschnittlich solide gemacht und besticht durch ihren oftmals groben Humor. Eine gehörige Portion satirischer Überzeichnung machen diesen Achtteiler mit einer Gesamtlänge von vier Stunden zu einem kurzweiligen Binge-Watching-Trip. jw