Soap&Skin auf Tour 2022: Ein rettender Strohhalm
Anja Plaschg alias Soap&Skin hat schon lange kein Album mehr veröffentlicht – vielleicht gibt es auf der Tournee neue Musik zu hören?
Als im Januar das neue Tocotronic-Album erschienen ist, gab es auch endlich wieder ein Lebenszeichen von Soap&Skin: „Auch manches Lied ist dir gewidmet/Entschuldigung, du weißt, ich muss jetzt gehen“, singt Anja Plaschg in der Single „Ich tauche auf“ an der Seite von Dirk von Lowtzow. Bei diesem Lebenszeichen ist es nicht geblieben: In diesem Herbst kommt Soap&Skin endlich wieder auf Tour.
Doch diese Zeilen passen trotzdem perfekt auf die Karriere der 32-jährigen Ausnahmemusikerin aus Wien. Wenn Plaschg mit ihrem melancholischem Kammerpop ohne Selbstschutz die Seele nach außen kehrt, setzt sie auch bei den Hörenden hochemotionale Reflexionen in Gang. Zugleich sind ihre Fans aber auch lange Wartezeiten gewohnt: Das aktuelle dritte Album „From Gas to Solid/you are my Friend“ ist 2018 erschienen – satte sechs Jahre nach dem Vorgänger „Narrow“.
Bei Soap&Skin reichen sogar Cover
Doch die langen Plattenpausen sind auszuhalten – solange sie zumindest ab und an eine Bühne betritt. Wer erlebt, wie Anja Plaschg mit geschlossenen Augen in die Tasten eines Flügels greift und singt, flüstert, heult, der bekommt ein derart intensives Konzerterlebnis, dass es locker für ein paar Monate gegen die Alltagswelt panzert. Zumal sich die Live-Aufstellung mit dem aktuellen Album um Streicher, Bläser und Chor erweitert hat. Während sich die ersten beiden Soap&Skin-Alben noch gegen die Welt stellen, versucht Anja Plaschg mit „From Gas to Solid“, eine Verbindung zu ihr herzustellen.
Wenn nun im September endlich die beiden im März abgesagten Soap&Skin-Konzerte nachgeholt werden, gibt es natürlich eine nicht ganz unberechtigte Hoffnung auf neue Kompositionen. Doch selbst wenn nicht: Die Songs der ersten drei Alben trotzen auch der ganzen Scheiße, die seit 2018 über die Welt hereingebrochen ist. Da reicht es fast schon, dass sie nur ihre bewährten Coversongs spielt: „Voyage, Voyage“ von Desireless, „Me and the Devil“ von Robert Johnson und ganz besonders „Wonderful World“ von Sam Cooke. „Die Entscheidung, diesen Song zu covern, kam aus einem tiefen Schmerz heraus, dem ich etwas entgegensetzen wollte“, sagt sie über ihre Interpretation des Klassikers. „Ich wollte diese Worte singen, die mir in der Situation, in der ich war, so fern waren.“ Und genau das macht „Wonderful World“ in der Version von Soap&Skin zum Schlüsselsong der Gegenwart.