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Stefan Grasse: „Verlorenes Vertrauen lässt sich nicht schnell wieder herstellen!“

Weil Musiker Stefan Grasse einen Antrag auf „Soforthilfe Corona“ stellte, wird er von jeglichen Überbrückungshilfen ausgeschlossen. Ein Vorschlag zur Güte trotz Entsetzen.

Stefan Grasse ist solo-selbständiger Gitarrist und Komponist und lebt in Nürnberg. Mit diesem Brief, den er zudem in einem YouTube-Video (siehe oben) veröffentlichte, wendet er sich direkt an die Bayerische Staatsregierung, um auf elementare Missstände bei der Zulassung zum „Hilfsprogramm für freischaffende Künstlerinnen und Künstler“ aufmerksam zu machen.

„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Söder,
sehr geehrter Herr Staatsminister Sibler,

Mein Name ist Stefan Grasse. Ich bin als freischaffender bzw. solo-selbständiger Musiker seit 1991 tätig, in München geboren, in Nürnberg lebend und über die KSK versichert.

Zum neuen „Hilfsprogramm für freischaffende Künstlerinnen und Künstler“ muss ich wie folgt Stellung beziehen.

Vor der Regierungserklärung im Bayerischen Landtag vom 20.04.2020 gab es keine spezifische Hilfe für den Bereich Kultur. Über die „Soforthilfe Corona“ der bayerischen Staatsregierung konnte man ab dem 17.03.2020 finanzielle Hilfe beantragen. Diese Hilfe gilt für Unternehmen und Angehörige Freier Berufe.

Ich habe am 19.03.2020 einen Antrag auf diese „Soforthilfe Corona“ gestellt und am 21.04.2020 die kleine Summe für mein Arbeitszimmer, Telefonie, Aufnahme-Studio in Höhe von 1.287 € für drei Monate erhalten (Bescheid der Regierung von Mittelfranken, Ihr Zeichen 3078-2-20614).

Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Frau Monika Grütters, verlautbarte in der Pressemitteilung 89 vom 11.03.2020: „Künstler und Kultureinrichtungen können sich darauf verlassen, gerade mit Blick auf die Lebenssituationen und Produktionsbedingungen der Kultur-, Kreativ- und Medienbranche: Ich lasse sie nicht im Stich!“

Mein Antrag vom 03.04.2020 für die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes wurde am 19.05.2020 (Ihr Zeichen: SR-101492) abgelehnt.
Begründung: Nach Prüfung der übersandten Unterlagen ist Ihr Liquiditätsengpass, für drei Monate hochgerechnet, durch die oben genannte Zahlung („Altverfahren“) derzeit abgedeckt.

Seit dem 20.04.2020 warte ich auf die Einrichtung des angekündigten „Hilfsprogramms für freischaffende Künstlerinnen und Künstler“, das nach der Pressekonferenz vom 14.05.2020 noch weiter gefasst und aufgestockt werden soll.

Nun muss ich feststellen, dass ich von der Antragstellung ausgeschlossen werde!

Die verbindliche Vorgabe des Bayerischen Wissenschaftsministerium ist nun:
„Künstlerinnen und Künstler, die eine andere Soforthilfe Corona des Freistaates Bayern oder des Bundes oder Leistungen zur Grundsicherung (SGB II oder SGB XII) erhalten oder beantragt haben, sind von einer Antragstellung ausgeschlossen.“

Man wird also selbst nach einem negativem Bescheid (!), einzig durch die Tatsache einer Antragstellung auf Bayern- bzw. Bundeshilfe vom „Hilfsprogramm für freischaffende Künstlerinnen und Künstler“ ausgeschlossen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, am 20.04.20 erklärten Sie, dass „der Freistaat auch ein Kulturstaat“ sei und am 14.05.2020 fügten Sie hinzu, dass Kultur auch „systemrelevant“ sei.

Ich bin gut vernetzt mit zahllosen Kolleginnen und Kollegen in der Kunst- und Kulturszene Bayerns. Das Entsetzen über den Ausschluss ist extrem groß. Es gibt wirklich sehr wenige Kolleginnen und Kollegen, die bisher noch keinen Antrag gestellt hatten.
Hoffnungen können schnell geweckt werden, aber verlorenes Vertrauen lässt sich nicht schnell wieder herstellen.

Mein Vorschlag zur Güte:
Kann man nicht bereits erhaltene Überbrückungshilfen des Freistaates oder des Bundes mit der „Künstlerhilfe“ verrechnen oder gar zurückzahlen, wenn verbindliche Hilfe zugesagt wird?

Bitte handeln Sie schnell und machen Sie eine Antragstellung für alle bayerischen Künstlerinnen und Künstler möglich. Zum Zeitpunkt unserer Antragstellung auf Soforthilfe Bayerns bzw. des Bundes wussten wir ja nicht, dass damit der Zugang zum „Hilfsprogramm für freischaffende Künstlerinnen und Künstler“ ausgeschlossen wird.

Nur kurz zu meiner Situation: von meinen 57 Konzertverpflichtungen zwischen Mitte März und Mitte August ist der überwiegende Teil bereits abgesagt, Konzertreisen nach Ungarn, Polen, Italien, Spanien und Israel ebenfalls. Mein Einkommensverlust ist längst im fünfstelligen Bereich angekommen.

Ich hoffe auf Ihr Hilfe.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Grasse

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