Machtspiele
Mit „Crash“ übt Susanne Seygin bissige Gesellschaftspolitik und verpackt sie leicht überspitzt in einem unterhaltsamen Pageturner.
Wer je mit dem Gedanken gespielt hat, sich in einer Anwaltskanzlei als Sekretärin oder Junior-Assistenz zu verwirklichen, wird wohl bereits nach wenigen Seiten davon Abstand nehmen. Susanne Saygin schreibt in der Fortsetzung ihres Debüts „Feinde“, dass bei einem Berliner Anwaltsbüro weibliche Büroangestellte wie propere Arbeitsbienen im Dauerstress um die Wichtigtuer herumschwirren und selten vor 23 Uhr die Kanzlei verlassen können. Schließlich geht es um viel Geld, das wiederum Abhängigkeiten und Machterhalt generiert.
Unmenschliche Ausbeutung und politische Manipulation sind die damit verbundenen Schweinereien, deren Mechanismen uns Saygin in ihren intelligent konstruierten und spürbar mit Wut im Bauch geschriebenen Thrillern anschaulich aufzeigt. Diesmal mit Anwalt Torsten Wolf, der die deutschlandweit agierende Nolden-Bau nach dem Tod des Firmengründers als Mandatsführer auf Kurs halten soll. Als seine Assistentin Mira spurlos verschwindet, mehren sich Ungereimtheiten, die er zusammen mit Isa Kurzeck – Miras Freundin – untersucht. Sie stoßen auf Mechanismen rechtspopulistischer Einflussnahme, die sich mit zunehmender Brutalität schon spürbar in den Alltag frisst. Eine aktuelle Bestandsaufnahme und bissige Gesellschaftskritik, die man nur erträgt, weil Susanne Saygin sie leicht überspitzt in einem unterhaltsamen Pageturner verpackt.