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Hallali und Horrido

Buchcover „Alte Erde“ von Sven Heuchert

Country Noir aus Deutschland gibt es nicht? Mit „Alte Erde“ lässt uns Sven Heuchert die volle Wucht der Provinz spüren.

Es riecht nach nassem Leder, altem Mann und totem Fuchs: In den Wäldern der abgelegenen Provinzkäffer Vierheilig und Altglück werden zwischen dunstig verhangenen Bäumen mit einem Fingerknick Leben ausgelöscht. Für Waidmann Wouter Bisch ein zelebrierter Augenblick mit festen Regeln. Mit rituellen Abläufen vor und nach dem Schuss, die vom Respekt vor dem Leben und dem Tod zeugen. Jäger verstehen sich als Teil der Natur – verweichlichte Großstädter können das nicht kapieren. Die Provinz steht immer im Verdacht, schratige Parallelgesellschaften zu generieren: Auf Eindringlinge und Veränderungen wird im besten Fall ignorant reagiert, denn sie stören die natürliche Ordnung. Der geplante Bau eines Versandhauslagers gehört dazu, und auch Thieß, der mit seiner Freundin nach langer Zeit zu seinem Bruder Karl zurückkehrt. Alte und neue Konflikte kochen hoch und entladen sich in Gewalt … Sven Heuchert schildert Sinneseindrücke, wortkarge Männergespräche und die verschlungene Handlung eher betrachtend als erzählend. Derart detailreich und eindrücklich, dass sie in der überladenen Schwere kaum auszuhalten sind. Wer sich trotzdem darauf einlässt, bekommt ein Leseerlebnis, dem man sich so schwer entziehen kann wie einer abgefeuerten Schrotladung. Sven Heuchert lässt uns die volle Wucht der Provinz spüren. Aber dort leben? Nein danke!

Trotzdem hat es Sven Heuchert natürlich auf unsere Liste der besten Krimis im November 2020 geschafft.

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