An den Eiern
Der für seine Jack-Carter-Trilogie bekannte Krimiautor Tee Lewis hat mit seinem letzten Roman aus dem Jahr 1980 ein schnörkelloses Noir-Meisterwerk geschaffen.
Willkommen in der Welt von Ted Lewis: Wenn Kabel aus der Fassung der Deckenleuchte baumeln, ein Wassereimer bereit steht und jemand an einen Stuhl gebunden wird, kann man davon ausgehen, dass eine höfliche Befragung zu einer britzligen Angelegenheit eskaliert. Gangsterboss George Fowler ist knallhart, wenn er sich von den eigenen Leuten hintergangen fühlt. Er stemmt sich gegen den Kontrollverlust und ist sich trotzdem nie sicher, wer von den Jungs in die eigene Tasche wirtschaftet. London, Anfang der 1980er Jahre: Jeder wird mit der Frage begrüßt, ob er einen Drink haben möchte, und mit illegalen Schmalfilm-Schmuddelkram kann man noch das dicke Pfund machen. Fowler investiert in Porn-Performance und Korruption, und unterm Ladentisch grapscht man gierig seine Lesben-Reihe ab.
Doch ein paar Mistkerle wollen jetzt auch mal Fowler ficken: Sie krallen sich seine Frau Jean und machen sie zur Hauptdarstellerin in einem Snuff-Movie, in dem auch drei Kapuzenmänner, Gummischläuche und eine Axt mitspielen. Also nimmt sich Fowler in diesem trüben Winter erst mal aus der Schusslinie. Keiner kennt sein Geheimversteck im nordenglischen Küstenkaff Mablethorpe, wo er den Scotch und die geladene Browning im Auge behält. Fowler steht mit dem Rücken zur Wand und fragt sich, ob James, Jimmy, Charlie oder Ray ihm an die Eier wollen. Plötzlich taucht diese Lesley bei ihm auf: anzüglich wie der Afghanenmantel, den sie auf den Boden fallen lässt, und undurchsichtig wie die Sonnenbrille, mit der sie ihre Blicke verdeckt. Ein Todesengel? Krimiautor Ted Lewis – bekannt durch seine Jack-Carter-Trilogie – hat mit seinem letzten Roman aus dem Jahr 1980 ein schnörkelloses Noir-Meisterwerk geschaffen. Lewis deutet Horror nur an, charakterisiert seine Figuren durch Gesten, Räume und Landschaften und hält die Dialoge knapp. So hat er den düsteren britischen Gangsterroman jener Zeit geprägt – und überzeugt auch heute noch mit Szenen, in denen einige nicht ganz freiwillig die Hosen runterlassen. Eine handfeste Schießerei dezimiert das Personal, und für Fowler wird es am Ende verdammt noch mal ziemlich heiß.
Mit „Schwere Körperverletzung“ hat es Ted Lewis auf unsere Liste der besten Krimis im Februar 2021 geschafft.