Zum Inhalt springen

„Wunderschöner“ im Kino: Ganz schön düster

Filmstill aus „Wunderschöner“: Eine Frau mit Bluse und Sakko gießt Kaffee in eine Tasse, dabei wird sie von hinten von einer anderen Frau umarmt, die in eine Decke gewickelt ist.
(Foto: Hellinger / Doll Filmproduktion GmbH / Warner Bros. Entertainment GmbH / Anne Wilk)

Mit der Fortsetzung von „Wunderschön“ zeigt Karoline Herfurth erneut die Herausforderungen auf, denen sich Frauen ausgesetzt sehen. Kann man es ihr verdenken, dass diese Bestandsaufnahme 2025 in „Wunderschöner“ noch einmal düsterer ausfällt?

Seit Karoline Herfurth mit „SMS für dich“ aus dem Jahr 2016 nicht mehr nur vor der Kamera spielt, sondern auch auf dem Regiestuhl sitzt, hat sich zunehmend ein Thema herauskristallisiert, das sie besonders beschäftigt: die unmöglichen Ansprüche, denen sich Frauen aller Altersgruppen in unserer Gesellschaft ausgesetzt sehen. In dem Episodenfilm „Wunderschön“ von 2022 hat sie diese Probleme mithilfe eines großen Ensembles von Schauspielerinnen in den Mittelpunkt gerückt, mit „Wunderschöner“ kehrt sie nun zu dieser Thematik zurück.

Szenenbild aus „Wunderschöner“: Eine Frau und ein Mann tanzen mit geschlossenen Augen miteinander.
Offiziell haben sich Sonja (Karoline Herfurth) und ihr Mann Milan (Friedrich Mücke) getrennt. Doch die alten Gefühle sind noch nicht verschwunden …  Foto: Hellinger / Doll Filmproduktion GmbH / Warner Bros. Entertainment GmbH / Anne Wilk

Dabei gibt es ein Wiedersehen mit mehreren Figuren aus dem ersten Teil, zugleich aber auch völlig neue Charaktere – und damit auch völlig neue Abgründe. Aus „Wunderschön“ kennen wir noch Sonja, gespielt von Herfurth selbst, die mittlerweile getrennt von Noch-Ehemann Milan (Friedrich Mücke) lebt und die gemeinsame Wohnung nur um der Kinder willen aufrechterhält. Doch zwischen peinlichen Besuchen bei der Paartherapeutin merken beide, dass sie womöglich noch Gefühle füreinander haben. Sonjas beste Freundin Vicky (Nora Tschirner) ist eigentlich mit Franz (Maximilian Brückner) zusammen, doch der hat sich auf eine monatelange Reise verabschiedet und schickt nur sporadisch Fotos von Berggipfeln. Und Milans Schwester Julie (Emilia Schüle) hat sich von ihrem Modeltraum verabschiedet, um fürs Fernsehen zu arbeiten.

Während Sonjas unbeholfene Dates und Vickys Galgenhumor noch für eine gewisse Romcom-Leichtigkeit sorgen, wird „Wunderschöner“ ziemlich schnell ganz schön düster. Kein Wunder, steht im Kern doch das Thema Missbrauch: Ob es dabei um das Callgirl geht, mit dem Philipp (Godehard Giese), der Mann von Nadine (Anneke Kim Sarnau), fotografiert wurde, was ihr glamouröses Leben aus der Bahn wirft, oder um Julies neuen Vorgesetzten, der sie bei der Arbeit belästigt und ihre Bulimie-Erkrankung wieder aufflammen lässt. Die nächste Generation um Nadines Kinder bekommt von Lehrerin Vicky zwar die richtigen Werte mit auf den Weg, doch gegen die konservative Schulleitung kommt sie nicht an, und ein klitorales Kunstprojekt wird schnell wieder verboten. Als sie schließlich vom Geheimnis ihres Vaters erfahren, bricht für sie eine Welt zusammen …

Filmstill aus „Wunderschöner“: Eine Frau tanzt mit Kopfhörer in einer Küche
Vicky (Nora Tschirner) kämpft weiterhin gegen das Patriarchat.  Foto: Hellinger / Doll Filmproduktion GmbH / Warner Bros. Entertainment GmbH / Anne Wilk

Immer wieder betont Herfurth, die gemeinsam mit Monika Fäßler erneut auch das Drehbuch verfasst hat, die tiefe Verwurzelung von Sexismus – sichtbar gemacht nicht nur durch jede Menge ekliger Männer, sondern auch durch Anja Kling als taffe Fernsehmoderatorin, die vom Gendern genauso wenig hält wie von #MeToo. Vielleicht ist es dem Zeitgeist geschuldet, wenn „Wunderschöner“ oft überraschend ernst wird, und nicht alle Figuren bekommen das Happy End, das ihnen zustünde. Dennoch ist auch Platz für weibliche Solidarität – Nadines verständnisvoller Umgang mit der Sexarbeiterin, die ihr Mann bezahlt hat, ist ein Highlight des Films – sowie Verständigung zwischen den Geschlechtern, und ein Handlungsstrang um ein Männlichkeitsseminar an Vickys Schule macht Hoffnung, dass zumindest die nächste Generation bessere Chancen haben könnte.

Dass bei dieser Tragikomödie oft die tragische Seite überwiegt, ist bei der Ernsthaftigkeit – und leider immer noch zunehmenden Dringlichkeit – der Thematik verständlich. Ähnliches gilt für die abrupten Wechsel zwischen Komödie und Drama, die allerdings trotzdem irritieren können. Spätestens in der Schlussszene ist genau diese Irritation jedoch volle Absicht: Am Ende kommen alle Figuren beim Baseballspiel von Leyla (Dilara Aylin Ziem) zusammen, und für einen Moment sieht es aus, als könnte alles gut werden. Aber so einfach ist es eben leider nicht …

Beitrag teilen: