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Street Fighting Man

Buchcover „Bobby March forever“ von Alan Parks
Bobby March forever von Alan Parks

Für viele Krimiautoren sind die 1970er nur eine Trenddekade. Doch Alan Parks bietet mit „Bobby March forever“ mehr als knallharte Gangster in körperengen Schwitzehemdchen.

Klar, das Mutterjahrzehnt aller modernen Krisen bietet genügend Stoff für Spannungsliteratur: Staatslenker entpuppen sich endgültig als Verbrecher (Watergate), eine diffuse Gefährdungslage drängt in den Alltag (weltweiter Terrorismus), und die Angst vor Rohstoffmangel führt zum Einsatz erpresserischer Mittel (Ölkrise). Doch statt all dieses für zünftige Politthriller zu nutzen, werden in den neuen Retrokrimis meist doch nur die üblichen Gruselmörder in zeitgemäß körperenge Schwitzehemdchen gesteckt und ihnen ein paar Kotletten angeklebt. Ist „Bobby March forever“ von Alan Parks da eine Ausnahme?

Auch der schottische Krimiautor Alan Parks läuft mit seinen McCoy-Romanen durchaus Gefahr, auf dem Ach-schon-wieder-die-70er-Bücherstapel zu landen. Zumal seine – recht ambitioniert auf zwölf Bände angelegte – Polizeiserie auch noch im abgeranzten Glasgow spielt, von dem man dank des schottischen Noir schon gefühlt jeden Pflasterstein kennt. Zwar strahlt Parks mit jedem Vollbarthaar die gebotene Griesgrämigkeit aus, die zum Schreiben von finsteren Krimis legitimiert – aber sein (natürlich) versoffener Detective Harry McCoy torkelt eben auch nur wie schon etliche Cops vor ihm durch die Abgründe der Schottenmetropole, die in Korruption und Bandenkriminalität versinkt.

Alan Parks verbindet in „Bobby March forever“ historisches Zeitkolorit mit der damaligen Popkultur zu einer authentisch anmutenden Glasgow-Chronik der 70er

Aber da sich Alan Parks nicht nur mit dem Niedergang seiner Lieblingsstadt auskennt, sondern sich auch jahrelang im Musikbiz rumgetrieben hat, verbindet er historisches Zeitkolorit mit der damaligen Popkultur zu einer authentisch anmutenden Glasgow-Chronik. Nach „Blutiger Januar“ und „Tod im Februar“ setzt er nun die Reihe fort. Im dritten Band „Bobby March forever“ sind wir im Juli ’73, und der (fiktive?) Gitarrist Bobby March, der als Gitarrist fast bei den Stones einsteigt, löst mit einer Überdosis seine Eintrittskarte für den Klub 27, um fortan mit Jimi und Janis im Rockstarhimmel zu jammen. Der Fund seiner Leiche ist für Detective McCoy nur ein Routineeinsatz, lässt ihn jedoch nicht mehr los. Obwohl gerade die Entführung der 13-jährigen Alice ihn und seinen jungen Partner Wattie unter Druck setzt, wird McCoy von seinem neuen Vorgesetzten verdonnert, sich um ungeklärte Raubüberfällen zu kümmern. Und nebenbei soll er auch noch die frühreife Nichte seines ehemaligen Chiefs Murray in Glasgows Unterwelt aufspüren.

Befragungen mit dem Bolzenschneider

Klar, die wendungsreichen Einzelfälle verbinden sich schließlich zu knallhartem Gangsterscheiß, bei dem Befragungen mit dem Bolzenschneider durchgeführt werden, und nicht nur McCoy muss um seine Kniescheiben fürchten. Zugleich rekapituliert Alan Parks durch Einschübe aber auch das tragische Musikerleben Bobby Marchs, der mit seinen Gitarrenriffs von den Straßen Glasgows erzählt. „Bobby March forever“ von Alan Parks ist ein Noir wie Rock ’n’ Roll – und schwärzer als die Lunge von Keith Richards.

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