Beste Bücher: Künstlerbiografien
Künstler und Künstlerinnen haben einen besonderen Blick auf die Welt und das Leben. Ihre Biografie lässt uns daran teilhaben. Das sind unsere Empfehlungen.
Prince / Dan Piepenbring The beautiful Ones – Die unvollendete Autobiografie
Im März 2016 kündigte Prince bei einem seiner Überraschungskonzerte in New York eine Autobiografie an – doch keine fünf Wochen später wurde sein lebloser Körper gefunden. Trotzdem ist jetzt „The beautiful Ones“ erschienen und speist sich aus den ersten knapp 30 Seiten als Faksimile seiner Handschrift sowie aus Notizen aus dem Nachlass. Zu den Comic-Kritzeleien eines Teenagers, zu bisher unveröffentlichten Fotos und Entwürfen für Songtexte kommen die Erinnerungen eines Co-Autors, der Prince zwar nur wenige Male treffen durfte, ihn aber trotzdem wieder lebendig werden lässt.
Heyne, 2019, 304 S., 32 Euro
Aus d. Engl. v. Claudia Wuttke u. Eike Schönfeld
John O’Connell: Bowie’s Bücher
Eine Bowie-Autobiografie in Form einer vom Künstler selbst kuratierten Bücherbestenliste: Camus und Kerouac tauchen auf, klar, und Anthony Burgess’ „A Clockwork Orange“ ist Bowies selbsternannter Schlüsselroman. So weit, so vorhersehbar. Dass John O’Connell aus diesem vom Künstler nicht zu knapp durchdramatisierten Referenzrahmen noch sehr viel Spannendes herauszulesen vermag, liegt nicht zuletzt an O’Connells spürbarer Leidenschaft für Bowies Werk. Am spannendsten sind „Bowie’s Bücher“ nämlich da, wo der Autor den erwartbaren Pfad verlässt und sich der Fanboy-Detailanalyse hingibt.
Kiepenheuer & Witsch 2020, 384 S., 16 Euro.
Aus d. Engl. v. Tino Hanekamp
Maria Peters: Die Dirigentin
Maria Peters hat das Leben von Antonia Brico nicht nur verfilmt und dazu das Drehbuch geschrieben, sie hat über Brico auch einen Roman verfasst. Warum aber erzählt Maria Peters die Geschichte, die in den 20er- und 30er-Jahren ihren Anfang nimmt, als historisches Drama nach, anstatt sie ins Jetzt zu versetzen? Schließlich kämpfen ja auch heute viele Frauen in der Klassik um Anerkennung. „Ich habe tatsächlich sehr mit der Entscheidung gerungen, welchen Teil von Antonias Geschichte ich erzählen möchte“, sagt Peters im Interview mit kulturnews. „Sie hat so ein außergewöhnliches Leben geführt. Schließlich habe ich mich für die Zeit entschieden, in der sie den Entschluss gefasst hat, Dirigentin zu werden – obwohl eine Frau in dieser Rolle zu ihrer Zeit noch unerhörter war als heute. Die Frage, ob ich den Roman in der heutigen Zeit erzählen möchte, habe ich mir allerdings nie gestellt.“
Maria Peters im Interview zu „Die Dirigentin“
Hoffmann und Campe, 2020, 336 S., 16,99 Euro
Aus d. Niederl. v. Stefan Wieczorek
Patti Smith: Im Jahr des Affen
Ein Buch, das den Blick auf das Jahr wirft, in dem unter anderem Donald Trump zum US-amerikanischen Präsidenten gewählt wurde, „Im Jahr des Affen“ zu nennen, ist zunächst erst einmal grenzwertig. Doch Patti Smith nimmt sich das chinesische Sternzeichen des Jahres 2016 nicht für einen hohlen Polit-Kalauer. Ihre dezente Retrospektive lässt vielmehr den Verdacht aufkommen, dass sie sich dieser Möglichkeit gar nicht bewusst war.
Stattdessen webt sie geschickt verschiedene Bedeutungsebenen ineinander. Es geht ums Altern – am Ende des Jahres steht ihr 70. Geburtstag –, politische Unruhe – ja, der Wahlsieg, aber eben auch die Miniatur-Umwelt-Katastrophe unzähliger Bonbonpapiere an einem Kalifornischen Strand – und ums Abschiednehmen. Denn 2016 ist auch das Jahr, in dem zwei für Smith wichtige Menschen das Leben der Musikerin, Schriftstellerin und Fotografin für immer verlassen.
Zwischen die Geschehnisse der Gegenwart stellt Smith Träume und Erinnerungen, und es ist sowohl ihr großer Verdienst als Schriftstellerin wie auch das einzige ernsthafte Manko von „Im Jahr des Affen“, dass ihre Leser*innen genauso leicht durch diese Gedankengänge zu schlendern vermögen, wie Smith es selber tut – und wieder hinaus.
Kiepenheuer & Witsch, 2020
208 S., 20 Euro
Aus d. Engl. v. Brigitte Jakobeit