Bonnie „Prince“ Billy: Der mechanische Prinz
Ob Bonnie „Prince“ Billy weiter im Akkord veröffentlicht? Immerhin wird der US-Songwriter auf seinen neuen Album von einem Baum getötet.
Bonnie „Prince“ Billy: „Keeping Secrets will destroy you“
Das wievielte Album von Will Oldham ist das jetzt? Längst hat man den Überblick verloren, und es ist zweifelhaft, dass Oldham selbst die Antwort kennt. Erst mit seinen diversen Palace-Projekten, nun schon seit einem Vierteljahrhundert als Bonnie „Prince“ Billy veröffentlicht der US-Musiker gefühlt jedes Jahr ein neues Album. Was treibt ihn an? Die neue Bonnie-„Prince“-Billy-Platte „Keeping Secrets will destroy you“ liefert einen Hinweis, nicht nur im Titel selbst, sondern vor allem in der unfassbar sanften Ballade: „Behold! Be held!“: „I want to make music all the time“, singt Oldham da. „I wanna be wholly consumed in rhyme and bend my whole to her wishes“. Wichtig hier: Es bleibt ein Wunsch, ein Traum, der die Dauer eines Songs anhält, aber immer wieder scheitern muss. Diese Spannung macht Oldhams Musik für viele Fans so endlos faszinierend.
Auch auf „KSWDY“ ist die Spannung deutlich zu spüren. Oldham, der Solipsist, der am besten im Duett mit anderen klingt und deswegen nicht nur zahlreiche Alben mit anderen Künstler:innen veröffentlicht hat, sondern auch hier immer wieder mit der Sängerin Dane Waters ins Zwiegespräch tritt. Oldham, der in „Queens of Sorrow“ mit Mandoline und Kindermelodien die Kraft der Traurigkeit zelebriert. Oldham, der Menschenfreund, der in „Willow, Pine and Oak“ die Menschen mit drei Arten von Bäumen vergleicht – und am Ende beschließt, dass er nur mit den Eichen etwas anfangen kann, weil die anderen zu langweilig und schwach sind.
Die Bäume schlagen zurück
In dem nächsten Song „The Trees of Hell“ bricht dann seine apokalyptische Ader durch, wenn sich die Bäume nach Jahrhunderten der Ausbeutung endlich an der Menschheit rächen und uns alle ermorden – auch Oldham selbst wird sehr explizit von Ästen geschlachtet. Die Streicher und der Harmoniegesang suggerieren dabei, wie er das findet: gar nicht so schlimm, ziemlich verdient.
Für „Keeping Secrets will destroy you“ hat sich Oldham mit sieben anderen Musiker:innen aus Louisville, Kentucky zusammengetan, der Stadt, in der er geboren ist. Dem Heimatstaat setzt er mit „Kentucky is Water“ ein Denkmal, und auch sonst ist das Album von einer heimeligen, intimen Atmosphäre geprägt, vom organischen Sound der Band. Es mag durchaus als Reaktion auf die Pandemie zu verstehen sein, immerhin ist es Oldhams erstes Soloalbum seit 2019 – allerdings hat er dazwischen zwei Platten mit Matt Sweeney und Bill Callahan veröffentlicht. Die Maschine Bonnie „Prince“ Billy steht eben niemals still.