„Bulli“ von Velvet Negroni: Dämonen im selbstgezimmerten Pop
Auf seinem neuen Album „Bulli“ erinnert Velvet Negroni nicht ohne Grund stark an Kid Cudi, obwohl sich die funkigen Bässe eher in Richtung R’n’B bewegen.
Jeremy Nutzmans Musik ist ähnlich schwer festzunageln wie sein Künstlername. Schon immer sitzt Velvet Negroni zwischen den Stühlen: ein schwarzes Kind in einer weißen Adoptivfamilie, ein klassisch ausgebildeter Pianist mit Rockallüren. 2016 ist das Debütalbum „Neon Brown“ erschienen, Nutzman war endlich angekommen. Doch es wurde nicht leichter, sondern schwerer: Er nahm mehr Drogen, vereinsamte durch die Pandemie, wurde ausgeraubt und verlor sein Haus bei einem Feuer.
Sein zweites Album könne er nicht am Stück anhören, sagt Nutzman – zu persönlich seien die Songs. Nicht nur der sehr direkte Umgang mit den eigenen Dämonen, auch der Gesang erinnert an Kid Cudi, mit dessen Projekt Kids See Ghosts Nutzman einst kollaboriert hat. Als Gesamteindruck allerdings ist „Bulli“ zwar nicht direkt vergnügt, aber auch alles andere als schwermütig. Zu viele Ideen stecken in den kurzen Songs, die selbstgezimmerten Pop mit funkigen Bässen und R’n’B verbinden. Wenn Velvet Negroni noch kein TikTok-Star ist wie Kollege Steve Lacy, ist das hoffentlich nur eine Frage der Zeit.