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„Ein Mann mit vielen Talenten“ von Castle Freeman: Der Teufel trägt Tweed

Buchcover „Ein Mann mit vielen Talenten“ von Castle Freeman

In „Ein Mann mit vielen Talenten“ mischt sich Castle Freeman wieder unter die Hinterwäldler und lässt den Country Noir ins Fantastische kippen.

Castle Freeman ist mit „Ein Mann mit vielen Talenten“ zurück: Es gibt Gegenden, da muss selbst der Teufel höllisch aufpassen. Zum Beispiel das dünn besiedelte Hinterland von Vermont im Nordosten der USA: Wie es hier in den Wald hineinschießt, so schießt es auch heraus. Die oftmals als einfältig belächelten und sträflich unterschätzten Bewohner haben es nämlich faustdick hinter den mitunter ungewaschenen Ohren. Und sie mögen es nicht, bei einem Deal von einem Fremden abgezogen zu werden. Hier schaut Satans Scherge Dangerfield mal, was geschäftlich so geht. In Oxfordhemd und Tweedjackett erscheint er bei Schnapsnase Taft, der bereits vormittags den Scotch entkorkt und dem, was kommen mag, glasig entgegenblickt. Dangerfield bietet Taft einen Leasingvertrag an: Talente und ein sorgenfreies Leben in Luxus – befristet auf sechs Monate. Anschließende Pfändung des Lebens und ewiger Verbleib in der Hölle. Nun, wer wie Taft mal ein paar Jahre in Philadelphia gearbeitet hat, dem macht Hitze bekanntlich nichts aus. Ewigkeit ist eh nur ein anderer Name für März, und bei jedem Deal kann bekanntlich über Laufzeitverlängerung nachverhandelt werden.

Also, abgemacht, Teufelskerl, mach mal sieben Monate daraus, und als Erstes brauche ich mal vier neue Reifen für den alten Pickup! Dangerfield nervt der ganze Kleinmist, den Taft sich so wünscht. Und dass er einen Jungen vor dem Tod bewahren und eine Zwangsvollstreckung verhindern will, widerspricht doch jeglicher diabolischer Moralvorstellung! Da muss Cheffe mal persönlich ran, und Luzifer hat hier eh noch was im Hospiz mit seiner 98 Jahre alten Flamme zu regeln … Dass jeder Teufelspakt einen Pferdefuß hat, weiß man ja spätestens seit Goethe. Castle Freeman variiert seine Hinterwäldler-Hommage aus „Herren der Lage“ und lässt den Country Noir genüsslich ins Fantastische kippen. Dass der Beelzebub den Schnaps macht, man jedoch in der Hölle keinen Drink bekommt, ist zwar allgemein bekannt. Aber dass die einzig wahre Unterweltfirma über eine IT-Abteilung verfügt, ist nur eines der vielen Details – in denen zwar bekanntlich der Teufel steckt, die aber verdammt gute Laune machen.

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