Zum Inhalt springen

Es hat TikTok gemacht!

Curtis Waters
(Foto: Dominique Brown)

Mit „Stunnin’“ legt Curtis Waters nicht nur den Sommerhit 2020 vor. Der 20-Jährige aus Nepal diktiert der Musikindustrie neue Spielregeln.

Curtis, seit ein paar Monaten lebst du auf der Überholspur. Dein Song „Stunnin’“ verzeichnet mehr als 50 Millionen Streams auf den bekannten Plattformen, es gibt dazu 1,2 Millionen User-generierte Videos bei TikTok, und das Video zu dem Song kommt auf mehr als zehn Millionen Aufrufe. Wie stellst du sicher, dass du da nicht abhebst?

Curtis Waters: Ich versuche, all das so gut es geht nicht an mich ranzulassen und mich weiter auf meine Musik zu konzentrieren. Atemübungen helfen mir dabei, mich zu entspannen. Aber ich wohne ja noch bei meinen Eltern in Cary, North Carolina, hänge viel mit meinem Bruder ab und ziehe einfach weiter meinen Alltag durch.

„Stunnin’“ ist im Mai erschienen, doch schon zwei Monate zuvor hast du angefangen, den Song mit kurzen Videos bei TikTok anzuteasern.

Waters: Im Lockdown hatte ich die Zeit, mir anzuschauen, wie das da so läuft. Die ersten sechs Clips haben fast niemanden interessiert, ich wollte schon aufgeben und es nur noch ein letztes Mal versuchen – und plötzlich haben haben die Leute auf diese bekloppten Dancemoves von meinem Bruder und mir reagiert.

Kurz darauf hat so ziemlich jede Plattenfirma bei dir angerufen – und du hast sie alle abblitzen lassen.

Waters: Es ging ihnen nur um die Zahlen. Sie auch hatten ja auch nur ein paar Sekunden von „Stunnin’“ gehört, aber fast niemand von denen wollte mit mir über meine Musik sprechen. Immer ging es um Geld und irgendwelche Vertragsmodalitäten – und ich hatte das Gefühl, dass meine künstlerische Freiheit auf dem Spiel steht.

Warst du wirklich nie versucht, dich von ihren Angeboten verführen zu lassen?

Waters: Doch, natürlich. Aber dann habe ich mich gefragt, was sie eigentlich genau für mich tun können. Ich musste mir nur ins Gedächtnis rufen, dass ich es bis dahin ganz allein geschafft habe – zu meinen Spielregeln. Als ich mit 14 der Musik verfallen bin, habe ich es gegenüber meinen Eltern immer runtergespielt, weil sie es nicht verstanden hätten. Innerhalb meiner Community war ich ein Außenseiter, weil es einfach niemanden aus Nepal gab, der etwas ähnliches gemacht hat. Trotzdem habe ich immer an das geglaubt, was ich gemacht habe – und das wollte ich jetzt nicht aufgeben.

„Stunnin’“ ist für deinen Sound ein eher untypischer Song, oder?

Waters: Die meisten meiner Songs sind düsterer und trauriger, und gerade deshalb brauche ich von Zeit zu Zeit ein Stück, mit dem ich mich selbst wieder aufrichte. Ich bin sehr froh, dass mein Album „Pity Party“ bereits fertig gewesen ist, als der ganze Wirbel um „Stunnin’“ losging.

Würde es jetzt anders klingen?

Waters: Auf keinen Fall würde ich versuchen, mich an dem Schema von „Stunnin’“ zu orientieren. Aber ich weiß nicht, ob ich mich getraut hätte, so offen und ehrlich sein. In einigen der Songs verarbeite ich, dass ich als bipolar diagnostiziert wurde und thematisiere meine Ängste und Unsicherheiten. Für die Veröffentlichung im Herbst habe ich das Album jetzt noch mal überarbeitet. Aber das betrifft nur Details und auf keinen Fall die Grundausrichtung.

Du hast dir mit Curtis Waters einen Künstlernamen zugelegt, der mit Ian Curtis und Frank Ocean zwei deiner musikalischen Helden referenziert. Hat denn inzwischen auch Frank Ocean bei dir angerufen?

Waters: Oh Gott, nein. Das wäre mein größter Wunsch – nur bin ich noch nicht so weit. Frank, ruf mich bitte auf jeden Fall an, aber gib mir bitte noch ein bisschen Zeit.

Beitrag teilen: