„Das Schwarz an den Händen meines Vaters“ von Lena Schätte

In „Das Schwarz an den Händen meines Vaters“ von Lena Schätte wird vor allem: gesoffen. Doch ohne je ins Kultige oder gar Arrogante abzurutschen, porträtiert sie dabei ganz nüchtern eine Familie – und ihren Zusammenhalt.
„Das Schwarz an den Händen meines Vaters“ von Lena Schätte ist unsere Buchempfehlung der Woche.
Die von ihrem Vater liebevoll „Motte“ getaufte Ich-Erzählerin in Lena Schättes Familienroman „Das Schwarz an den Händen meines Vaters“ bekommt von ihrer Mutter andere Dinge beigebracht, als mit geradem Rücken am Esstisch zu sitzen. Viel zu früh lernt sie: Schnaps bedeutet Ärger. Männer, die hingegen nur Bier trinken, sind harmlos. Und Mottes Mutter weiß, wovon sie spricht, haben in ihrer Familie doch stets alle Väter getrunken. So auch der von Motte. Warum das so ist, erfahren die Leser:innen gleich in einem der ersten der 64 kurzen Kapitel. Mottes Vater trinkt weder, um zu feiern, noch um zu vergessen. Er trinkt, um zu ertragen. „Das Leben is’ Maloche“, sagt Mottes Mutter und meint damit das Leben ihres Mannes. Er ist Fabrikarbeiter in Westfalen. Handarbeit. Montags sind seine Hände noch grau, im Laufe der Woche werden sie zunehmend dunkler – wie sein Gemüt.
Motte selbst fängt alsbald auch an zu saufen, ihr Vater verliert den Job und die Familie die Krankenversicherung. Doch trotz aller Trostlosigkeit, die aus Schättes Roman trieft, wird er nie zum Tränenzieher. So alkoholisiert und perspektivlos auch durch die Gegend gewankt wird, so nüchtern geschrieben und herausragend beobachtet ist dieser tolle Text. Der Absturz geschieht ganz still, fast beiläufig, ohne jede Heinz-Strunk-Kultigkeit. Ihren zweiten autofiktionalen Roman hat die als Psychiatriekrankenschwester arbeitende Autorin ihrem Vater gewidmet: „Für Papa“. Das mag erst einmal irritieren, dabei strotzt dieses Buch nur so vor Liebe zum sich zu Tode saufenden Vater. Dies ist keine Geschichte über den gewalttätigen Trinker-Patriarchen, sondern die Geschichte einer Arbeiterfamilie, die irgendwie zusammenhält. Zusammenhalten muss. Hier schuftet sich eine Familie zu Tode, buckelt sich in den Alkoholismus. Ohne je auch nur den Hauch einer Aufstiegschance zu verspüren. Diese Menschen sind im neuen alten Wohlstandsversprechen der CDU nur so weit mitgemeint, als dass sie dafür schuften müssen.
Mit „Das Schwarz an den Händen meines Vaters“ hat es Lena Schätte auf unsere Liste der besten Bücher im Juli 2025 geschafft.