„Epithymia“ von Die Andere Seite: Tod und Tennis
Mit dem Bandprojekt Die Andere Seite verhandelt Tom Schilling die ganz großen existenziellen Fragen. Doch inneren Frieden findet er momentan noch ganz woanders.
Tom, du bist im Februar 40 geworden. Hast du gefeiert?
Tom Schilling: Ja. Klein und fein.
Hat der runde Geburtstag eine Bedeutung für dich?
Schilling: Nö, eigentlich nicht. Meiner Frau war er wichtiger als mir, weil sie es einfach liebt, Partys zu organisieren und jemandem eine Freude zu machen. Ich für meinen Teil hätte an dem Tag genauso gut arbeiten oder ihn so verbringen können wie jeden anderen Tag auch. Ich glaube, dass ich mich mit dem Alter generell nicht sehr schwertue.
Weshalb nicht?
Schilling: Weil ich doch immer wieder merke, dass ich eigentlich ganz glücklich darüber bin, immer älter zu werden. Und dass ich gerne in die Zukunft schaue, weil ich mit der Vergangenheit im Reinen bin.
Mit dem Leben, aber insbesondere auch mit dem Tod beschäftigst du dich sehr intensiv auf deinem Album „Epithymia“. In „Die Weide“ handelst du etwa auf poetische Weise ein ganzes Menschenleben ab. Woher kommt diese Todesfaszination bei dir?
Schilling: (überlegt lange) Wo die herkommt, weiß ich nicht. Sie ist einfach da. Ich bin esoterisch genug veranlagt, dass ich glaube, sie ist über Generationen hinweg in meiner DNA verwurzelt. Das alles hat ganz viel mit einer Disposition zu tun.
Was meinst du damit konkret?
Schilling: Ich bin schon als Sehnsuchtsmensch auf die Welt gekommen. Ich denke, dass ich jemand bin, der ein bisschen fragiler und sensibler erscheint. Auf jeden Fall bin ich ein überzeugter Gefühlsmensch und jemand, der ein intensives Verlangen in sich trägt.
Wonach?
Schilling: Nach irgendetwas, von dem ich selbst nicht weiß, was es ist. Zu Ende gedacht ist es wohl die Sehnsucht nach dem Ankommen und dem inneren Frieden. Und das ist dann wahrscheinlich erst im Jenseits wirklich zu erreichen.
Vielleicht gelingt dir das Ankommen ja auch zu Lebzeiten noch ein bisschen.
Schilling: Ja, doch, auf jeden Fall. Mein Leben ist nicht frei von innerem Frieden. Aber es wird sicher immer eine Suche bleiben. Das Streben nach dem Zustand des inneren Friedens ist mein Lebensthema. Wahrscheinlich werde ich irgendwann mit Meditation anfangen oder Zen-Buddhist werden. Aber trotzdem bin ich nicht überzeugt, ob ich das Nirvana schon im Diesseits erreiche.
Hast du Meditation schon mal ausprobiert?
Schilling: Nein, ich bin noch ganz dem Tennis verhaftet. Ich glaube nach wie vor, dass der Sport mich erdet und zu mir bringt.
Beim Tennisspielen bist du also näher bei dir selbst?
Schilling: Ja. Weil ich auf dem Tennisplatz ganz in dem Moment aufgehe und alles um mich herum vergesse. Ich bin ja so ein Grübler. Ich bin jemand, der alles zerdenkt und bei dem ständig der Kopf rattert. Die meisten meiner Gedanken verarbeite ich nachts im Traum, da passiert ganz viel bei mir. Und beim Tennis schaffe ich es, so fokussiert zu sein, dass das Rattern aufhört und ich nur darüber nachdenke, wohin ich jetzt den Ball spiele.