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Eine Frage der Überwindung

Delush Porträt
(Foto: Jan Lehner)

Enda Gallery alias Delush über die Beinahe-Karriere als Buchhalter, die Überwindung, zu gefühligen Songs zu stehen und sein Album „The Journey to Zero“.

Enda, du bezeichnest deine Musik selbst als psychoanalytischen R’n’B-Soul.

Enda Gallery: Mir ist Musik immer dann besonders ans Herz gewachsen, wenn sie mich dazu bringt, aus einer anderen Perspektive über mein Leben nachzudenken. Als ich ein kleiner Teenieboy war, haben das Oasis geschafft, weil sie so ein überlebensgroßes Selbstbewusstsein ausgestellt haben. Später waren dann die Erfahrungen und Gefühlslagen interessanter, die etwa Sufjan Stevens oder Frank Ocean mit ihrer Musik abbilden.

Zur Musik bist du aber erst in letzter Sekunde gekommen, oder?

Gallery: Es war nie eine Option, und meine Eltern haben mir immer nahe gelegt, auf Sicherheit zu bauen. Ich hatte bereits einen vierjährigen Vertrag für eine Ausbildung in der Buchhaltung eines Handelsunternehmen unterschieben. Vorher bin ich ein paar Wochen durch Europa gereist, und als ich mit meiner Gitarre in Porto saß, wusste ich plötzlich: Ich will Musik machen. Ich hatte nie eine Show gespielt oder auch nur einen Song geschrieben, es war einfach ein Gefühl. Trotzdem habe ich meinen Vertrag gekündigt und mich für Musik eingeschrieben.

Danach bist du 2012 nach Berlin gezogen – und hast ziemlich schnell mit Leuten wie Kid Simius, Lexy & K-Paul und Niconé gearbeitet.

Gallery: Da hat sich wohl mein Sturkopf bezahlt gemacht. Ich wollte nicht in einer Bar jobben, sondern habe mich mit Straßenmusik finanziert. Und ich war für Projekte offen. Nachdem das von mir produzierte Stück eines Freundes im Radio gelaufen war, kamen die ersten Anfragen. Indem ich anderen geholfen und ihre Songs produziert habe, wurde mir selbst klar, was ich als Delush sagen möchte.

Auf „The Journey to Zero“ geht es um die Erfahrung von Schmerz, aber auch um die Überwindung der Opferrolle und eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Ego. In „The greatest Gift“ beschreibst du schließlich mit Unterstützung der afroirischen Sängerin Tolü Makay einen Moment der absoluten Verwirklichung und Hingabe. War es die größte Herausforderung des Albums, dieses Stück so kitschfrei hinzubekommen?

Gallery: Den Song zu schreiben war einfach – aber es hat Überwindung gekostet, mich zu ihm zu bekennen und ihn so veröffentlichen. Hätte ich relativiert und die Aussage verwässert, um nicht so schutzlos dazustehen, wäre er vermutlich kitschig geworden. Trotzdem ist „The Journey to Zero“ keine Erkenntnisreise, sondern ein Kreislauf, da man sich auf diese Glücksmomente besser nicht verlassen sollte. Es ist wie beim Yoga: Wenn man sich anderen überlegen fühlt, das eigene Hinterfragen einstellt und meint, mit bestimmten Situationen nach reproduzierbarem Schema klarzukommen, wird man sehr schmerzhaft an den Anfang zurückgeworfen.

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