„Frauenroman“ von Gerhard Henschel
In „Frauenroman“ von Gerhard Henschel wird gelebte Promiskuität vom Wunsch nach Kindern und einer festen Beziehung in Frage gestellt.
„Frauenroman“ von Gerhard Henschel: Im Mittelpunkt des elften Bandes seiner Mammutautobiografie steht die Tatsache, dass Schlossers gelebte Promiskuität immer deutlicher vom Wunsch nach Kindern und einer festen Beziehung in Frage gestellt wird.
Gerhard Henschels Romanzyklus über Martin Schlosser ist längst dem Genre der Familiensaga entwachsen. Wir befinden uns in den Jahren 1996 bis 1998: Zwar darf ihm sein Bruder auch diesmal die Möbel durch die Republik fahren, doch als der Umzug von Göttingen nach Hamburg ansteht, wird es teuer, und trotz bisher bester Einnahmen als freier Autor gerät Martin Schlosser erneut gewaltig ins Minus, zumal ihm immer wieder auch das Finanzamt im Nacken sitzt. Überhaupt sind es die privaten Dinge, die dem Roman noch im Ansatz die bekannte und geliebte Anmutung des jeweiligen Zeitgeistes verleihen, auch die Familientreffen gibt es weiterhin.
Im Mittelpunkt des elften Bandes „Frauenroman“ aber steht die Tatsache, dass Schlossers gelebte Promiskuität immer deutlicher vom Wunsch nach Kindern und einer festen Beziehung in Frage gestellt wird und er prompt schmerzhaften Liebeskummer erfährt. Vor allem aber schreibt Henschels Alter Ego zwischen 1996 und 98 trotz exzessiver Lesetourneen mit häufigen Alkoholexzessen enorm viel und mit unglaublicher Geschwindigkeit. Bei Eckhard Henscheid liefert er einen Essay ab, gleich darauf ist eine Satire für Titanic dran, und immer wieder sichtet er Material für seinen „Kindheitsroman“, der aber erst viel später im Jahr 2004 erscheinen wird, obwohl Henschel bereits jetzt einen Vorvertrag mit dem Verleger Alexander Fest abgeschlossen hat.
Fußballgucken mit Gremliza
An dieser jahrelangen Recherche kann man auch erkennen, wie groß der Arbeitsaufwand für einen historischen Roman in Zeiten vor dem Internet gewesen ist. Martin Schlossers Vernetzung im Literaturbetrieb der gesamten Republik wird in der zweiten Hälfte der 90er zudem immer dichter, er schaut in Hamburg Fußball mit dem Verleger Hermann L. Gremliza, wird von Jörg Schröder und Barbara Kalender bekocht und von Michael und Katharina Rutschky zum Essen eingeladen.
Der Titel für die nächste Fortsetzung des Zyklus’ von Gerhard Henschel steht schon fest: Auf „Frauenroman“ wird „Großstadtroman“ folgen
Seine argumentativen Breitseiten gegen die Initiatoren der damals beginnenden Rechtschreibreform aber bestimmen den Roman nachhaltig. Genüsslich dokumentiert Henschels Alter Ego argumentative Widersprüche der Befürworter und lässt die Gegner der Rechtschreibreform ausführlich zu Wort kommen. Das alles und die Tatsache, dass Henschel seine Texte bis heute in der alten Rechtschreibung aus der Mitte der 90er veröffentlicht, lassen auch für die Zukunft kurzweilige Scharmützel erwarten. Der Titel für die nächste Fortsetzung seines Zyklus’ steht schon fest: „Großstadtroman“.
Mit „Frauenroman“ hat es Gerhard Henschel auf unsere Liste der besten Bücher im Dezember 2024 geschafft