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„Frau mit Messer“ von Gu Byeong-mo: Zu alt zum Morden?

Buchcover „Frau mit Messer“ von Gu Byeong-mo

Trotz Erfahrung traut man älteren Menschen beruflich oft nichts mehr zu. Gu Byeong-mo stellt in „Frau mit Messer“ die wichtig Frage: Wie sieht das eigentlich bei einer Auftragskillerin aus?

„Frau mit Messer“ von Gu Byeong-mo ist unser Krimitipp der Woche

Wenn im Alter die Hände anfangen zu zittern, ist es an der Zeit, mit dem Zyankali vorsichtiger zu hantieren. Noch beherrscht die unauffällige 65-jährige Dame den Umgang mit Gift, Pistole und Messer. Seit über 40 Jahren ist sie Auftragskillerin und nicht schlecht in ihrem Job. Unter dem Decknamen Hornclaw arbeitet sie für eine Agentur, die sich auf „Schädlingsbekämpfung“ spezialisiert hat. Von Worryfixer wird sie über die jeweilige Zielperson gebrieft, wer die Tötung jedoch bestellt, bleibt ihr unbekannt. Bislang hat Hornclaw immer zuverlässig und effektiv ihre Arbeit verrichtet. Aber natürlich registriert sie, dass jüngere Kollegen wie Bullfight die „Omi“ nicht mehr für voll nehmen. Ja, die Muskeln schmerzen, die Gelenke knirschen, die Knorpel knacken, und manchmal hat sie Probleme, mit dem Messer zu wirbeln. Oft vergisst sie sogar, den Napf ihrer Hündin Deadweight aufzufüllen, die ebenfalls schon schwer in die Jahre gekommen ist. Eine Sensenfrau mit Seniorenticket und Schmerzpflaster?

Agentur-Direktor Son misstraut ihren Fähigkeiten zunehmend. Also schnappt sich Hornclaw einen Auftrag, den ihr eigentlich keiner mehr zutraut – und versemmelt ihn prompt. Ist sie etwa zu weich geworden? Jetzt spürt sie am eigenen Leib, wie Alte ausgegrenzt und isoliert werden. Die Jugend drängt sich nach vorne und schubst die Generation Gehhilfe ins Abseits.

„Frau mit Messer“ von Gu Byeong-mo nimmt es mit Alterdiskriminierung und patriarchisch geprägten Rollenbildern auf

Alltägliche Alterdiskriminierung sowie patriachisch geprägte Rollenbilder des Genres: Die südkoreanische Autorin Gu Byeong-mo hält mit ihrer wohltuend bodenständigen Protagonistin humorvoll dagegen. Dabei zeigt sie aber auch, dass sie was von Actionszenen versteht: Als Hornclaw plötzlich selbst in die Schusslinie gerät, entsinnt sie sich bei einer halsbrecherischen Jagd über 20 Seiten all ihrer Kniffe, um gegen den Feind zu bestehen. Natürlich hat sie ihr Ersatzmesser in der Seitentasche und überlässt dem Gegner nie die letzte Kugel. Darauf kann sie sich verlassen. Aber auch auf ihre alten Knochen?

„Frau mit Messer“ von Gu Byeong-mo ist unser Krimitipp der Woche. Zuletzt haben wir an dieser Stelle „Brennender Zorn“ von Holm Bolther vorgestellt.

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